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03 Oct 2023

Rekordbaum in Neuhausen

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SN vom 04. Oktober 2023

SN vom 4. Oktober, 2023
 Mit einem Umfang von sechs Metern ist die Platane eines Neuhauser
 Privatgartens aussergewöhnlich gross. Zudem ist sie ein Zeugnis der
 Neuhauser Geschichte: Gepflanzt wurde sie vermutlich vom legendären
 Rheinfall-Hotelier Franz Wegenstein.
 
 "Die Platane ist für mich wie ein Beschützer", sagt Christine
 Progin über den Rekordbaum in ihrem Garten. Tatsächlich wirken
 die Äste mit etwas Fantasie wie ausgebreitete, schützende
 Arme. Gewaltige Arme. Die Platane könnte mit ihrem Stammumfang von
 knapp sechs Metern eine der grössten, wenn nicht die grösste
 im Kanton sein.
 
 Gemessen hat Progin sie selbst nie, sagt sie beim Eingang ihres Hauses
 im Neuhauser Berbiceweg. Sie geht voraus in den Garten. Mit jedem
 Schritt wird das Rauschen des Rheinfalls ein bisschen lauter. Der Baum
 steht direkt an der Grenze zur Bellevue-Parzelle. Hier, wo einst das
 gleichnamige Hotel über dem Rheinfall thronte.
 
 Wahrscheinlich wurde die Platane auch zur Glanzzeit der Hotellerie am
 Rheinfall gepflanzt, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dies
 im Auftrag des damaligen Hoteliers und "Rheinfallkönigs" Franz
 Wegenstein, der einst die Neuhauser Rheinfall-Hotels Schweizerhof und
 Bellevue sowie das Schloss Laufen besass. Der Neuhauser Lehrer und
 Historiker Robert Pfaff zumindest erwähnte in seinem Buch "Der
 Tourismus am Rheinfall im Wandel der Zeiten" eine Platanenallee vom
 benachbarten Hotel Schweizerhof aus ins Fischerhölzli und eine 1888
 geplante Baumallee zum Badischen Bahnhof.
 
 Nachbarplatane um 1860 gepflanzt Auf der Rhenania-Terasse,
 also am Standort des einstigen Hotels Schweizerhof, stehen auch
 heute noch Plantanen. Kerstin Treydte, Dendrowissenschaftlerin
 der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee
 und Landschaft WSL hat eine von ihnen für den Neuhauser
 Rebbauverein begutachtet und eine Probeentnahme zur Jahrringanalyse
 vorgenommen. Demnach hat die Platane einen Stammumfang von 3,60
 Meter und wurde um 1860 gepflanzt. Stammt der Baum von Christine
 Progin, der nicht weit entfernt steht und noch grösser ist,
 aus derselben Zeit?  Allein durch die Grösse liessen sich keine
 Rückschlüsse auf das Alter eines Baumes ziehen, sagt Treydte. Da
 aber das Alter der Rhenania-Platane durch die Jahrringanalyse bekannt ist,
 könne man davon ausgehen, dass die grössere Platane von Progin
 mindestens gleich alt, oder möglicherweise sogar älter sei, so
 Treydte. Eine genaue Datierung könnte jedoch nur eine Probenentnahme
 bieten. Diese sei für das Baumwachstum unschädlich. Progin lehnt
 sie dennoch ab, aus Sorge, der Eingriff könnte dem Baum schaden.
 
 Die Geschichte und das Alter des Baums ist in der
 Nachbarschaft bislang weniger Thema. Dafür aber der Blattwuchs oder
 die Früchte, wie Progin sagt. "Unsere Nachbarn beobachten den Baum
 genau", sagt sie. Am Gartenzaun unterhalte man sich regelmässig
 über ihn. Vielleicht werden bald die ersten braunen Blätter
 Thema sein. Christine Progin hebt eines vom Boden auf. "Im Herbst haben
 wir sehr viel Arbeit, um das Laub wegzuräumen", sagt sie. Das Ehepaar
 hat sich eigens für das Herbstlaub der Platane einen Grosscontainer
 angeschafft, der mehrmals geleert werden muss.
 
 An das viele Laub erinnert sich auch Elisabeth Prince-Bollinger. Ihr
 Vater hat das Haus im Berbiceweg 1950 gebaut, über 50 Jahre lebte
 sie bis zum Verkauf 2007 hier. "Die Platane ist für mich wie ein
 Freund", sagt Prince-Bollinger am Telefon. "Als Kind spielte ich unter dem
 Baum, später dann unsere Kinder." Einst stand gar noch eine zweite
 Platane neben der jetzigen. Die Neuhauserin erinnert sich auch noch genau
 daran, wie dieser gefällt wurde. "Ich habe immer noch das Bild des
 umstürzenden Baums vor meinen Augen." Die Wurzeln habe man damals
 nicht entfernt, und so habe der Baum immer wieder ausgeschlagen. Sogar bis
 heute. Christine Progin zeigt auf die Sträucher neben der Platane,
 an jener Stelle, an der sich einst der zweite befand.
 
 Rund um den Baum befinde sich die "wilde Ecke" des
 Gartens, wie Progin sagt, "für die Tiere". Neben dem Baum sind
 Zweige aufeinander gestapelt, das Gras ist ungeschnitten. Bei jedem
 Schritt hüpfen Heuschrecken davon.  Der Baum selbst indes wird
 regelmässig gepflegt. Baumpfleger schneiden absterbende und zu lange
 Äste ab, untersuchen den Zustand des Baums.  "Teilweise hängen
 sie zu fünft in der Krone", sagt Christine Progin. Von dort oben
 habe man übrigens eine unvorstellbare Aussicht auf den Rheinfall,
 sagt Andreas Weber von der Baumart AG. Die Platane sei "sehr gewaltig und
 eindrücklich". Spontan kommt dem Baumpfleger nur eine einzige Platane
 in den Sinn, die ähnlich gross ist: beim Unispital Zürich.
 
 Baum ist nicht speziell geschützt Speziell geschützt
 ist der Baum, der aufgrund seiner Dimension und seiner Geschichte
 aussergewöhnlich erscheint, nicht. Anders als die benachbarten
 Grundstücke. Sowohl die "Ramspergerwis" als auch die "Aalti
 Bellevuepaarkaalaag" sind im kommunalen Naturschutzinventar gelistet.
 Gemeindepräsident Felix Tenger (FDP), Präsident der Neuhauser
 Naturschutzkommission, erklärt, dass die beiden genannten Gebiete
 ökologisch wertvoll seien. Generell gebe es nur einige wenige im
 Naturschutzinventar eingetragene Bäume. Diese seien jeweils sowohl
 einheimisch als auch ökologisch wertvoll.
 
 Petra Bachmann vom kantonalen Planungs- und Naturschutzamt sagt,
 dass Gemeinden generell in der Pflicht stünden, markanten
 Einzelbäume mit Naturschutzwert in das kommunale Naturschutzinventar
 aufzunehmen.  Platanen würden, da sie nicht heimisch sind, jedoch
 in den wenigsten Fällen ins Inventar aufgenommen. "Das heisst
 nicht, dass sie geschichtlich oder mikroklimatisch nicht bedeutsam sein
 können, dem sollte aber durch die Freiraumgestaltung - nicht durch
 das Naturschutzinventar - der Gemeinde Rechnung getragen werden."
 
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