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Alphabet (CH) aus dem Programm "Der Flug nach Milano" (1985) AKW BBC CVP DRS EMD FDP GDI HTL IOK KKW LNN MMM NOK ORF PdA Q.E.D. RhB SBB TGV USW. VCS WWF X Y ZDF |
Briegg nid, briegg nid Übersetzung des Lieds "Klejner Josem" (Mordechaj Gebirtig) Briegg nid, briegg nid, chlyses Büebli bisch zwar ganz elei im Huus aber s chunnt no so vill Truurigs läär nid alli Tränen us. Bhalt no chli vom Augewasser lueg, die Grosse, s goht ne schlimm si hei alls wo's bruucht zum Läbe nume Träne hei si nümm. Briegg nid, briegg nid, chlyses Büebli dänk, wie wird das einisch schwär wenn dys Härz bis zoberscht voll isch und dyni Auge blybe läär. |
Darf ich Ihnen etwas vorlesen? Eine Szene für einen Vorlesenden und einen Zuhörenden aus dem Programm "Lieder ohne Musik" (1981) A Sie! B Ja? A Darf ich Ihnen etwas vorlesen? B Ja, gern. A Wirklich? B Ja, wirklich. Es ist heute ja nicht mehr üblich, dass man sich etwas vorliest. A Eben. B Und gerade deshalb lass ich mir gern etwas vorlesen. A Also, wenn Sie meinen... B Bitte. A Dürfte ich Sie dann bitten, Platz zu nehmen? B Wieso? A Oder wollten Sie stehend zuhören? B Ja. A Aha. - Glauben Sie, dass das geht? B Wie lang ist denn das, was Sie mir vorlesen wollen? A Nicht lang. Es steht alles auf diesem Blatt. B Dann geht es. A Meinen Sie? B Bestimmt. Wenn es nicht länger ist. A Es ist nicht länger. B Dann geht es. A Für Sie. B Ja, für mich geht es. A Aber für mich nicht. B Warum nicht? A Irgendwie widerspricht sich Zuhören und Stehen. Zum Zuhören gehört das Sitzen. B Ich habe aber keine Lust, mich zu setzen. A Dann könnten Sie sich vielleicht etwas gelockerter hinstellen. B Ich bin gelockert. A Nicht genügend. Ihre jetzige Haltung würde ich als stramm bezeichnen. Sie sollten, damit man Ihnen glaubt, dass Sie zuhören, mindestens das Kinn in die Hand legen - ja, so! Und den Kopf etwas neigen, auch. B So? A Fast. Sie müssen jetzt noch den Ellbogen auf die Hüfte stützen und die Hüfte leicht einknicken. B Jetzt? A Ja, jetzt! Jetzt habe ich das Gefühl, Sie hören mir zu. Also, dann fange ich an. B So kann ich aber nicht lange bleiben. A Es geht ja auch nicht lange. B Trotzdem, ich kann keinen Moment länger so bleiben. A Dann stehen Sie halt so hin wie Sie wollen. B So. A Also - können Sie sich nicht ein bisschen von mir abwenden? So, dass Sie mich gerade noch halb im Blick haben? Ja, so! Es stört mich, wenn Sie so parallel zu mir stehen. - Trotzdem glaube ich nicht, dass Sie mir wirklich zuhören. Könnten Sie den Kopf etwas senken? B Ja. A Ja! Ja! So werden Sie verstehen, was ich Ihnen vorlese. B (kratzt sich)br> A Halt! Wieso kratzen Sie sich? B Es hat mich gejuckt. A Dann kratzen Sie sich zuerst zu Ende, und dann fange ich an. B Ich glaube, jetzt muss ich mich nicht mehr kratzen. A Sonst kratzen Sie sich ruhig zuerst fertig. B Ich habe mich fertig gekratzt. A Sie glauben auch nicht, dass es Sie in den nächsten Minuten wieder jucken wird? B Ich habe keinen Anlass dazu. A Obwohl es Sie soeben gejuckt hat. B Es hat mich soeben gejuckt, aber es wird mich nicht mehr jucken. A Sind Sie sicher? B Absolut. A Das ist gut. Ein Kratzen, währenddem ich Ihnen vorlese, würde mich unerträglich stören. B Seien Sie unbesorgt. (hebt langsam seine Hand, um sich zu kratzen) A (schaut hin) B (funktioniert die Bewegung um in eine Haltungsänderung) A Jetzt sind Sie richtig entspannt. B Dann können Sie ja beginnen. A Also, was ich Ihnen hier vorlese, habe ich - B Haben Sie? A Nein, so geht das nicht. Wenn Sie stehen, wird mir die kleinste Bewegung von Ihnen zur Qual. Bitte, setzen Sie sich. B Aber - A Bitte, setzen Sie sich auf diesen Stuhl. B Langsam verliere ich den Genuss an Ihrer Vorlesung. A Sie hat ja noch gar nicht nagefangen. B Eben deshalb. A Aber sie wird anfangen, sobald Sie sich gesetzt haben werden. B Und wenn ich mich nicht setze? A Dann können Sie mir auch nicht zuhören. B Ich höre Ihnen ja zu. A Aber nicht so, wie ich will! (schreit) Was ich Ihnen vorlese, ist lyrisch, verhalten, leise, zerbrechlich - und Sie stehen herum wie ein Klotz. B Jetzt ist mir die Freude endgültig vergangen. A Darauf kann ich keine Rücksicht nehmen. Ich lese vor, Freude hin oder her. Setzen Sie sich! B Mir ist alles egal. (setzt sich) A Halten Sie Ihre beiden Hände hoch! B Sonst noch was? A Strecken Sie die Zeigefinger aus und ballen Sie die übrigen Finger zusammen! B Und dann? A Drücken Sie mit den Zeigefingern die Ohren zu! B (tut es) A Hören Sie noch etwas? B (zuckt mit den Achseln) A Hören Sie noch etwas? B (zuckt mit den Achseln) A Hören Sie noch etwas? B (zuckt mit den Achseln) A Gut. Dann fange ich an. |
Das letzte Jahrzehnt aus dem Buch "Der Mann auf der Insel" (1991) Ein Tier wird geschlachtet. Es sieht aus wie eine Riesenschildkröte ohne Panzer. Ach, wie weich es ist, und wie man sein Skelett sieht, über das sich das Fleisch spannt. Während der Schlächter einzelne Teile herausschneidet, beginnt das Tier zu rufen, mit leiser, aber deutlicher Stimme: "Bitte nicht!", zu wiederholten Malen. Der Schlächter, unbeirrt, trennt ihm weitere Teile ab, schneidet ihm ins Weiche, hackt Knochen mit kurzen Hieben durch. Nun wendet er sich einen Moment ab, um das gewonnene Fleisch hinzulegen. Ich hoffe, das Tier sei tot. Da richtet es sich nochmals halb auf, wimmernd, und bittet um Schonung. Gelähmt stehe ich daneben, erschreckt über mich selber. Bin ich dem Schlächter in den Arm gefallen? Habe ich andere zu dem leidenden Wesen gerufen, damit wir ihm gemeinsam hülfen? Während ich noch immer dastehe, wächst in mir der Verdacht, das Tier könnte ein Mensch sein. |
Der Autostopper aus dem Buch "Die blaue Amsel" (1995) Der Teufel machte einmal ausserhalb von Bellinzona Autostop, aber niemand wollte einen Typ mit Hörnern und einem Dreizack mitnehmen. Endlich, es ging schon gegen Abend, hielt ein Amerikanerwagen an, und der Fahrer, ein jüngerer Mann mit langen Haaren und sanften Augen, hiess den Teufel einsteigen. Dieser setzte sich neben den Fahrer und gab als Reiseziel Rom an. Dorthin fahre er auch, sagte der sanfte Langhaarige und lächelte dem Autostopper zu. Dieser schaute den Fahrer immer wieder an und fragte ihn schliesslich: "Kennen wir uns nicht von irgendwoher?" "Ich glaube, wir haben uns zuletzt in der Wüste gesehen," sagte der und hob freundlich seine durchlöcherte Hand. "Und was willst du in Rom?" fragte der Teufel. "Den Papst erschrecken," sagte der Fahrer, "der glaubt doch schon lang nicht mehr an mich." "Darf ich mitkommen?" fragte der Teufel. "Aber gern," sagte der Fahrer, "zusammen sind wir stärker." Beide lachten, und Jesus gab Gas. |
Der Dienschtverweigerer Übersetzung des Lieds "Le déserteur" (Boris Vian) [aus der ungesendeten Fernsehsendung "Denkpause" vom 7. Oktober 1983. Es war später in einer Diskussionssendung zu sehen] Herr Oberschtdivisionär Dir gseht, das i nech schrybe Chönnt s Läsen au lo blybe Dir heits jo süsch scho schwär I danken euch für d Charte Dir wüsset, die vo wäge Und hanech welle säge Dir chönnet uf mi warte Herr Oberschtdivisionär I wirde nid Soldat Vollbring ke Heldetat I eusem Militär S sell nid persönlech sy Doch hani mi entschlosse S wird weder zielt no gschosse I rücke gar nid y. I weiss, was jetze chunnt Im Minimum drei Monet Au d Chischten isch e Gwonet Und sicher grad so gsund E Vorschtrof isch z verchrafte Und grad die Kriminelle Die wüsse vill z verzelle Drum loh mi au verhafte Dir meinet jetz vilicht Das mir das gar nüt miech I syg e fräche Siech Und schpeuzen euch is Gsicht. Doch d Sach gseht nid so dry Mi Muet isch zimli schitter Mir gruusts vor em Auditer I wett, es wär verby. I weiss au, dir heit rächt Zwee Wältchrieg, die bewyses D Armee isch gar nüt myses Süsch giengts is hütt no schlächt. I weiss au nid, worum I trotzdäm nid dra dänke Euch mis Vertroue z schänke Wahrschynlech bini z dumm. I weiss nur, dass grad dä Wo dir gärn für euch hättet Dä, wo der zuenem bättet, Dass dä nid gange wär. I glaub, jetz wüsster gnue Und die, wo mi wei foh Die sellen ynecho I bschliesse d Tür nid zue. |
Der Granitblock im Kino Ein Granitblock aus einem öffentlichen Park hatte lange gespart und wollte mit seinem Geld ins Kino, und zwar hatte er von einem lustigen Film gehört, "Zwei Tanten auf Abenteuer". Er ging also an die Kasse und verlangte fünf Plätze. Zuerst wollte sie ihm die Kassierin nicht geben, doch da sagte der Granitblock bloss "oho", und schon hatte er die Billette. Er hatte erste Reihe gelöst, weil er seine Brille vergessen hatte. Als sich der Granitblock auf seine fünf Plätze setzte, krachten gleich alle Armlehnen zusammen, und dann fing das Vorprogramm an. Der Granitblock schaute interessiert zu und bestellte in der Pause zehn Eiscrèmes, die er sofort hinunterschluckte. Jetzt fing der Hauptfilm an, und der Granitblcok amüsierte sich sehr. Da er an Humor nicht gewöhnt war, musste er schon über jede Kleinigkeit lachen, zum Beispiel wenn eine Tante zur andern sagte, na, altes Haus? Er schlug sich auf die Schenkel und lachte, dass das ganze Kino zitterte und die Leute durch die Notausgänge flüchteten. Als dann eine Tante der anderen mit dem Schirm eins über den Kopf haute, war der Granitblock nicht mehr zu halten. Er hüpfte jaulend auf und liess sich auf seine Sessel plumpsen, die sogleich zusammenbrachen, und damit nicht genug, stürzte er durch den Boden des Kinos in einen Keller und konnte den Rest des Films nicht mehr ansehen. Das Kino wurde vorübergehend geschlossen, der Granitblock musste mit einem Lastwagen in seinen Park zurückgebracht werden, und heute langweilen sich schon alle Spatzen, wenn er wieder mit seiner Geschichte von den Tanten kommt und kichernd erzählt, wie eine zur andern gesagt hat, na, altes Haus. |
Die Alpen (für Albrecht von Haller) aus dem Programm "Die Sparharfe" (1967) vorzutragen im Anschluss an Alphornklänge oder verwandte Geräusche Jedesmal bei diesen Weisen seh ich im Geiste Adler kreisen. Die Sennen sicheln ihre Triften die Ochsen mühen in den Klüften das Euter prall und aufgedunsen Lawinen krachen durch die Runsen der Älpler reckt die Hand zur Stirn ein alter gemsbock äst im Firn der Jäger naht im harten Zwilch und nährt sich von der Gletschermilch der Käser sitzt bei kargem Mahle dann rollt er seinen Käs zu Tale. Am Abend röten sich die Wolken was melkbar ist, wird jetzt gemolken der Bergler blickt mit stillem Glanz empor zum jähen Alpenkranz und tritt dann dankbar in die Hütte wo schon in ihrer Kindlein Mitte die Senn'rin harrt. Der Hafer brodelt. Die Wang erglüht. Der Senne jodelt. Dann labt man sich an Gottes Spende und langsam geht der Tag zu Ende. Der Senne schwingt noch rasch die Fahne und schlürft dann seinen Kübel Sahne. Er hustet fromm ein rauh' Gebet bevor auch er ins Stroh sich legt. Dort schläft man froh die ganze Nacht bis man in aller Früh' erwacht. Dort oben ist das wahre Leben! Und unsres hier ist tief daneben. |
Die Antwort aus dem Buch "Da, wo ich wohne" (1993) Kürzlich träumte mir, ich ginge zum Friedhof, auf dem Jesus beerdigt sei, und heute sei ein besonderer Tag, denn Jesus sei auferstanden und lebe. Als ich dorthin kam, lehnte er an der Friedhofsmauer. Ich erkannte ihn sofort an den langen Haaren und dem milden Blick. Ziemlich aufgeregt stellte ich ihm die Frage, über die ich schon oft nachgedacht hatte: "Sind Sie wirklich Gottes Sohn?" Er schaute mich müde an und fragte mich: "Häsch mer en Stutz?" Da erwachte ich. |
Die Ballade vom Computer pX aus dem Programm "Die Sparharfe" (1967) Der Computer pX in den äusseren Staaten tat all das, was andre Computer auch taten: Er rechnete Brüche, berechnete Kosten und ging theoretisch weiss was alles posten jonglierte mit Defizits, Budgets und Spesen verrechnete Fett, kalkulierte Chinesen erweiterte Sätze von Gauss und Bernoulli erfand einen eisbärensicheren Pulli samt Ellbogenschoner für Schmetterlinge und viele andere, nützliche Dinge durchbohrte die Anden, verjüngte Greise und drehte gefangene Taranteln im Kreise addierte die Zeugungskraft aller Putter kurz, war ein solider und guter Computer. Nur etwas war heikel, und das war genau: Der Mann der ihn fütterte war eine Frau. Eine Frau, eine Frau, eine Frau, eine Frau, eine Frau. Name: Zeller Vorname: Elisabeth Beruf: Dr. math. Grösse: 1,58 Augen: schwarz Haare: mattbraun Zivilstand: ledig... ledig... ledig... ledig... Der Computer war auch nur ein Mensch wie wir alle und ging dieser Fülle an Reiz in die Falle. Bald zitterte er bis zur innersten Niete wenn ihr Antlitz auch nur schon von weitem erblühte und wenn sie ihn zarten Gelenkes berührte ein neues Problem in den Rachen ihm führte dann knackt' ihm das Eisen vor innerem Glück und Sätze wie folgender kamen zurück: "Epsilon achzehnter, n-ter und q-ter. Herzliche Grüsse, Ihr Computer." Dies lesend, machte Elisabeth Zeller Augen wie kleinre Dessertteller verspürte ein Gruseln mittlerer Lage und las dann die Antwort zur nächsten Frage: "Kein Ergebnis mit Jod und Amino. Kommen Sie heute mit mir ins Kino?" Verehrung ihn Ehren, doch eine Maschine! Elisabeth las mit erbleichender Miene: "pi 15 pro Tonne kanadischer Eicheln. Montieren Sie mir einen Greifer zum Streicheln!" Die Frau überlief's, das fand sie nun schändlich dann wurde er vollends unmissverständlich: "8 Sigma, 0 14, HG eines Stücks. Ich liebe Sie. Yours, for ever, pX." Da verlor Fräulein Doktor ganz plötzlich die Fassung und bat den Direktor um Ihre Entlassung. Bloss zwei Tage später stand sie am Abend die Arbeitseffekten schon eingepackt habend zum letzten Mal vor dem Balzautomaten rekapitulierte nochmals dessen Taten und schüttelte düster den mattbraunen Kopf Da leuchtete plötzlich der Antwortknopf: "Bitte kriechen Sie mir ins Getriebe. Ich sehn mich so nach ein bisschen Liebe." Sie wusste beinahe nicht, wie ihr geschah doch pX stand so traurig und greiferlos da und zuckte so einsam mit Zeigern und Zählern geschunden von wissensbegierigen Quälern so frierend in chromstahllegierter Verschalung so bar jeden Schmucks und jeder Bemalung so freudlos unf plump, und walfischhaft nackt dass sich Fräulein Zeller, von Mitleid gepackt in plötzlicher Regung die Röcke schürzte und in des Computers Hauptöffnung stürzte! Ein Blitzen von Lichtlein, Kontakte, die summen - und dann ein behagliches, nachtlanges Brummen. Der Computer jedoch blieb seither vernichtet und auch Fräulein Doktor ward nicht mehr gesichtet. |
Die Insel Utopia aus dem Programm "Der Flug nach Milano" (1985) Utopia ist eine Insel so weit vom Festland weg dass sie an klaren Tagen undeutlich sichtbar wird am Horizont fast mehr erdenkbar denn das Meer dazwischen ist trügerisch und tückisch wegen seiner grossen Ruhe. Es ist das Meer des Alltags des Normalen das Mittelmeer des Durchschnitts in dem wir jeden Tag ein bisschen planschen immer nah beim Ufer denn dass die Insel Utopia beschützt wird und zwar gut das wissen wir. Wer sie erreichen will der muss durchschwimmen den Algengürtel der Gewohnheit zäh und klebrig der muss weiter draussen trotzen den Piranhas des Mittelmasses diesen schnellen Fressern deren Schmatzen am Fleisch von kühnen Schwimmern wie Tuscheln tönt und Flüstern und dann erwartet ihn das Wattenmeer des Dienstwegs geeignet dem Wägsten seinen Richtungssinn zu trüben oh und nachher lauert träg und bleiern das Meer des Schweigens ein schwarzes Loch zu welchem sich die Mehrheit ballt und welches jeden Drachentöter lautlos zum Verschwinden bringt als wär er nie gewesen und sollte es mal einem vielleicht durch vorgetäuschtes Schweigen gelingen zu entkommen wird er gleich darauf erfasst VON DEN StrUDELN DER SACHZWÄNGE oder seine Beine werden während er vom Ufer her noch wie ein ganzer Schwimmer wirkt zerfelddert von den Haien des Profits und alles das bei kleinem Wellengang kein Sturm kein Windstoss keine Wasserhose nichts als nur das leise Schwappen der Vernehmlassungen und Protokolle und wär es einem doch geglückt der einen oder andern der Gefahren zu entrinnen wird er ganz zuletzt erfasst vom Mahlstrom des Konsums er treibt mit einem Einkaufskörbchen langsam in die Tiefe und sein Hilfeschrei tönt wie ein Werbespot für eine neue Schokolade und alle die an Land sind freuen sich. Ach! Wer auf diese Insel will Utopia muss Abschied nehmen von seinen Lieben von Haus und Hof und Hypothek der darf nicht kämpfen mit den Mitteln des Verstands und der Berechnung der muss sich anders rüsten oder muss ein andrer sein da braucht's den Spieler und den Träumer den der die Gunst der Tiere hat und ihre Sprache kann den dritten Sohn den Dummling und den Trommler die vielleicht. Doch jeder der wie wir die Steuern zahlt ist schon verloren. |
Die Norne aus dem Buch "Da, wo ich wohne" (1993) Auf der Tessiner Alp, wo wir einen alten Stall haben, müssen wir das Wasser am Bach holen. Manchmal aber, im Frühling oder nach längeren Regenfällen, fliesst auch eine kleine Quelle ganz nahe beim Stall, und das Wasser, das direkt aus dem Boden in eine Granitfassung quillt, die jemand vor hundert oder mehr Jahren hier eingerichtet hat, ist das beste der Welt. Diesen Frühling floss die Quelle so schwach, dass ich das Wasser vom untersten Stein über ein Blättlein in die hingehaltene Flasche leiten musste. Das tat ich mindestens zweimal am Tag, und Ursula und Kaspar lächelten darüber, aber das Wasser tranken sie gern. An einem Abend kam ich mit zwei Flaschen zurück und stellte sie auf den Querbalken, der unsern Wohnraum auf Hüfthöhe in zwei Teile trennt. Die eine Flasche tranken wir leer, die andere stiess Ursula nach dem Essen versehentlich um, so dass sie zu Boden fiel und zerbrach. Etwas verärgert schob ich den Tisch weg und begann mit Kaspar die Glassplitter wegzuwischen und das Wasser am Boden mittels alten Zeitungen aufzunehmen, während Ursula draussen das Geschirr wusch. Ich glaube, einer von uns benutzte auch das Wort "Katastrophe". Als diese einigermassen behoben war, liessen wir den Tisch aus Bequemlichkeit dort stehen, wohin ich ihn verschoben hatte, setzten uns darum herum und machten einen Jass. In der zweiten Runde, als ich am Verlieren war, löste sich ein Stützbalken aus dem Dach und fiel mit einem bösen Knall dorthin, wo vorher der Tisch gestanden hatte, genauer dorthin, wo beim Nachtessen Kaspar gesessen war. Hätte der Balken seinen Kopf getroffen, er hätte ihn erschlagen können. Es dauerte eine Weile, bis wir merkten, dass der Tisch nicht am gewohnten Ort stand, und es dauerte nochmals eine Weile, bis wir merkten, dass er dort nicht stand, weil Ursula versehentlich eine Flasche umgestossen hatte, die mit Wasser gefüllt war, das ich über ein Blättlein von einer schwach tropfenden Quelle in den Flaschenhals gelenkt hatte. "Scherben bringen Glück", sagte Kaspar, und ich, als ich nachts erwachte und rasch hinausmusste, sah auf einem Mäuerchen unserer Alp eine dunkle Frau sitzen. Es dauerte eine Weile, bis ich merkte, warum sie dort sass. Sie schaut dem Spiel unseres Lebens zu, all unsern kleinen Taten und Verrichtungen, die oft das Ende einer Kette von Launen, Zufällen und Dummheiten bilden. Bei tausendundeinundvierzig unserer Handlungen schaut sie zu und tut nichts, aber bei der tausendundzweiundvierzigsten steht sie plötzlich auf und zeigt mit dem Dauemn nach unten, oder, wenn wir Glück haben, nach oben. Dann setzt sie sich wieder auf ihr Mäuerchen und schaut auf die steinernen Häuser und auf die Lichter im Tal, als ob nichts geschehen wäre. Wenn der Tag kommt, ist sie schon woanders. Neben einer Strassenkreuzung, in einer Fabrikhalle, oder bei dir, vielleicht. |
Die Riesen im Parkhaus aus dem Buch "Ein eigenartiger Tag" (1979) Drei Riesen gingen einmal in ein Parkhaus. "Ich gehe ins Parterre", sagte der erste. "Ich in den ersten Stock", sagte der zweite. "Ich in den zweiten", sagte der dritte. Dann nahm jeder eine schwere Eisenstange, ging in seinen Stock und zertrümmerte alle Autos, die dort abgestellt waren. Nachher trafen sie sich am Ausgang, gingen zusammen fort und kamen nie wieder. |
Die Universität: Zehn persönliche Ansichten (1) aus dem "Journal der Universität Zürich" Nr. 1/96 (29.01.1996) Als ich in Aarau das Gymnasium besuchte, war es mein grösster Wunsch, so rasch wie möglich an die Universität zu gehen. Ich hatte in Zürich Cellounterricht, und oft setzte ich mich nachher noch in eine Vorlesung an der Universität, bei einem Germanisten oder Romanisten, und ich hatte nicht die geringsten Schwierigkeiten, ihren Ausführungen zu folgen. Ich war 18, und es ärgerte mich, dass ich noch zwei Jahre bis zur Matur in meinem Provinzstädtchen zu absolvieren hatte und mich mit Fächern herumschlagen musste, die mich nicht interessierten, wie Chemie, Physik oder Mathematik, statt mich sofort in das Studium der Sprachen und der Literatur stürzen zu können. Mit 18 wollte ich dringend und unbedingt an der Universität studieren. Da das aber nicht ging, nutzte ich meine Zeit an der Mittelschule, so gut ich konnte, las sehr viel, begann mehr und mehr zu schreiben, machte viel Musik, spielte Theater und Kabarett, pflegte in der Schule diejenigen Fächer, die mich interessierten und schlich mich in den andern als Minimalist über die Runden. Als ich mit 20 endlich die heiligen Hallen der Universität als eingeschriebener Student betreten durfte, ging es dort drinnen doch etwas anders zu, als ich mir vorgestellt hatte. Offenbar hatte ich mir bei meinen gelegentlichen Besuchen die Rosinen herausgepickt, denn nun wurde von mir erwartet, dass ich mich in die gotische, althochdeutsche und mittelhochdeutsche Grammatik vertiefe, dass ich mich mit sprachlichen Lautverschiebungen befasse und mich an die eigentlichen Kunstwerke durch ein dichtes Unterholz von Sekundärliteratur heranpirschen solle. Das alles interessierte mich zwar schon auch, aber ich wollte mich selbst nicht verlieren dabei. Und eigentlich, denke ich rückblickend, eigentlich kam die Universität mit 20 für mich schon zu spät. Jedenfalls lief ich, wie jeder zweite Germanistikstudent, mit dem heimlichen Wunsch im Kopf herum, Dichter zu werden und von meinen eigenen Werken mit wenig Geld und viel Erfolg zu leben, oder, noch besser, mit viel Erfolg und viel Geld. Interessanterweise ist mir das auch gelungen. Als ich 22 war, bin ich im alten Heizungskeller der Universität mit einem literarisch-kabarettistischen Einmannprogramm aufgetreten, mit dem ich einen beachtlichen Erfolg hatte. Ich wurde damit an die verschiedensten Orte ausserhalb Zürichs eingeladen, auch nach Deutschland und Österreich, und beschloss, mich für 1 oder 2 Semester von der Universität zu verabschieden. Ich habe mich exmatrikuliert und habe mich nie wieder immatrikuliert, und ich habe es nie bereut. Der grösste Beitrag, den die Universität an meine Entwicklung leistete, das waren nicht die 5 Semester Germanistik und Romanistik, sondern das war die Tatsache, dass mir der damalige Rektor vertrauensvoll und unbürokratisch die Bewilligung gegeben hat, diesen Heizungskeller in ein Theater zu verwandeln, und dafür bin ich heute noch dankbar. Dies ist, ich gebe es zu, nicht die Hauptaufgabe einer Universität, trotzdem habe ich gedacht, dass Sie das interessieren könnte. |
Die Universität: Zehn persönliche Ansichten (2) aus dem "Journal der Universität Zürich" Nr. 2/96 (1996) Was ist denn die Hauptaufgabe der Universität? So kurz wie möglich gesagt: Das Vermitteln von Wissen. Für diese Vermittlung gibt es mehr oder weniger genaue Programme, es gibt Vorlesungen, Proseminarien, Akzessprüfungen, Propädeutika, Praktika, die irgendeinmal in ein Diplom, ein Lizenziat oder einen Doktortitel münden. Das Vorlesungsverzeichnis der Universität Zürich ist ein Buch mit 420 Seiten. Ich kann darin nachlesen, dass die Vorlesung «Biologische Grundlagen der Ökologie» in der ersten Semesterhälfte am Mittwoch von 1416 Uhr, und in der zweiten Semesterhälfte am Donnerstag von 1315 Uhr stattfindet, während die soziologische Vorlesung «Theoretische Differenzen der Theoretisierung von Differenz» am Freitag von 1416 Uhr zu hören ist. Es sind darin auch die Adressen der akademischen Chöre und Orchester oder des Studententheaters zu finden. Auf keinen Fall aber werden wir einen Hinweis darauf finden, dass in einem umfunktionierten Heizungskeller des Hauptgebäudes ein Student mit einem Einmannprogramm auftreten wird. Damit ist der Student in eine Lücke des 420-seitigen Buches gesprungen; es ist ihm eine kleine Überraschung gelungen. Überraschungen gehören zu den eigentlichen Lebenszeichen und Kulturanzeigern. Eine Institution, in der keine Überraschungen möglich sind, stirbt. Und Lücken sind lebenswichtig. Wenn Sie auf der Seite arbeiten, welche die Welt verwaltet, werden Sie bei einem Anliegen immer prüfen, ob es in eine der 420 Seiten Ihres Weltverwaltungshandbuches passt. Der Mensch aber, der etwas von Ihnen will, interessiert sich nicht für dieses Handbuch, und wenn er von Ihnen hört, dass das, was er will, leider nicht geht, weil es auf keiner der 420 Seiten vorgesehen ist, dann interessiert er sich nur noch für eines: für die Lücken. |
Die Universität: Zehn persönliche Ansichten (3) aus dem "Journal der Universität Zürich" Nr. 3/96 (20.05.1996) Kürzlich habe ich das Vorlesungsverzeichnis der Hochschule St.Gallen durchgeblättert. Das Hauptgebiet dieser Hochschule ist die Wirtschaft, und die Schweiz als Wirtschafts- und Finanzplatz verdanke, so hört man immer wieder, dieser Hochschule sehr viel. Ich war beeindruckt vom Angebot an Vorlesungen und Seminarien. Mit Ehrfurcht nahm ich zur Kenntnis, auf welchen Gebieten man hier zur kompetenten Fachperson herangeschult wird. «Betriebswirtschaftliche Analyse, Unternehmungsplanung, Marktbearbeitung und Distribution», darunter konnte ich mir einigermassen etwas vorstellen. Bei «Objektorientierter Programmierung, Nichtlineare Entscheidungsmodelle, Asymmetrische Informationen» hatte ich schon mehr Mühe. Am leichtesten vorstellen konnte ich mir, was man in den Kursen «Führung und Organisation, Grundlagen der Personalentwicklung und Teamentwicklung» lernt. Diese Kurse sind wahrscheinlich am schlechtesten besucht, denn in letzter Zeit habe ich immer wieder Menschen kennengelernt, welche die Stelle wechselten, weil sie ihre jungen Vorgesetzten nicht ertrugen, die von ebendieser Hochschule kamen. Sie müssen dort zwar einiges gelernt, aber dabei auch einige wichtige Fragen an den Mitmenschen vergessen haben, z.B. die Frage «Wie geht's?». Vielleicht gehen die Hochschulen davon aus, dass Fragen dieser Art zur normalen menschlichen Grundausstattung gehören, und dass sie mit ihren Kursen ein paar Stufen höher beginnen können. Das ist falsch. Inzwischen gibt es bereits einen Fachausdruck für das Demütigen und Beleidigen von Menschen, die einem als Untergebene nicht genehm sind er klingt seltsam amerikanisch und heisst mobbing. Einige dieser Untergebenen, die ich kenne, bleiben allerdings trotzdem, weil ihnen die Arbeit eigentlich gefällt. Aber sie bekommen Ausschläge, Fieber, Migräne, Brechreiz, und wenn ich dem PR-Beauftragten der Hochschule St.Gallen sagen würde, was sie von seiner Hochschule halten, würde er erbleichen. |
Die Universität: Zehn persönliche Ansichten (4) aus dem "Journal der Universität Zürich" Nr. 4/96 (1996) Und jetzt eine Geschichte et maintenant une histoire e adesso una storia y ahora un cuentito and now a short-story, which I'll tell you in English, it is about a language, which you don't know, this language is called Ectic Ectic belongs to the dead languages, and I think it is the most interesting of all, because it had only two words. These two words were "M" and "Saskrüptloxptqwrstfgaksolömpääghrcks". "M" is female and means "What's the matter?" and "Saskrüptloxptqwrstfgaksolömpääghrcks" is male and means "nothing". The reason for that was, that the Ectic lived in a volcanic crater, which still rumbled from time to time. Whenever it did, Ectic women started up and cried: "M?", whereupon their husbands said calmingly: "Saskrüptloxptqwrstfgaksolmpääghrcks." This was the only thing the Ectic talked about; everything else they did in such a hurry, that they had no time left to speak. The history of the Ectics was rather uneventful. Only once, because of uncommonly loud and frequent rumblings of the crater, there was a political demonstration, when people gathered in front of the town-hall shouting: "M! M! M!" The president of Ectia appeared on the balcony and made a speech in which he declared: "Saskrüptloxptqwrstfgaksolömpäährcks." This time, however, the answer was not quite appropriate. The president himself knew that, but, tragically, Ectic didn't have any other words. Soon afterwards, therefore, it belonged to the dead languages. I would like to put you 3 questions referring to this shortstory. 1st question: What would you have done, if you would have been the Information Officer of the president of Ectia? 2nd question: Did you ever have the feeling that you should dispose of another language to express yourself to the public? 3d question: When did you answer the question "What's the matter?" for the last time by "Saskrüptloxptqwrstfgaksolömpääghrcks", although you knew exactly that under your feet a vulcan was rumbling? |
D Mehrheit aus dem Radioprogramm "Zytlupe" (1986) Si sitzt im Tram und im Zug und im Bus wenn's rägnet, isch si dinn, und wenn's schön isch, voruss si wüscht vor der Türe, und si dünget ihri Ärde am Samstig mäjt si der Rasen i de Gärte aber ghöre tuet si guet, und gseh tuet si gnau und am Sunndig hockt si im Autobahnstau d Mehrheit d Mehrheit die schwigendi Mehrheit si isch von're grosse, dumpfe Rueh und nimmt jedes Johr chli zue. Si list der "Blick" und macht d Fuscht im Sack si zischlet im Stägehuus uf's frömde Pack zum Hässigsy het si immer e Grund gägen Oobe goht si chli use mit em Hund pass uf, dass di ihri Auge nid breiche und am Fritig luegt si s Aktezeiche d Mehrheit d Mehrheit die schwigendi Mehrheit si isch von're grosse, giftige Rueh und nimmt jedes Johr chli zue. Aber mängisch isch si au ganz elegant liggt schoggibruun amene Sörferstrand oder sitzt vor em Grill ufem Campingplatz oder stoht in're Boutique und suecht öppis Glatts i de Parkhüser stigt si us gschniglete Wäge uf de Rollträppe schwebt si im Ychauf entgäge d Mehrheit d Mehrheit die schwigendi Mehrheit si isch von're grosse, weiche Rueh und nimmt jedes Johr chli zue. Und plötzlech gsehsch sen überall im Lift, i der Beiz, ufem Bou, im Stall a de Schribtisch, i de Büro, i de Läde, a de Schalter bim Coiffeur und bim Dokter und bim Ligeschaftsverwalter und am zwölfi, do chunnt si, s verschloht der fasch der Pfuus i Zwöierkolonne zum Schuelhuus us d Mehrheit d Mehrheit die schwigendi Mehrheit si isch von're ganz normale Rueh und nimmt jedes Johr chli zue. Si bruucht ke Kultur, ihre längt der Sport si kennt jeden Unfall, si kennt jede Mord si weis au immer s neuschte vom Wätter si het i jedem Verein e Verträter het e furchtbar länge und zäche Schnuuf und trotzdäm tuet si s Muul nid uf d Mehrheit d Mehrheit die schwigendi Mehrheit und wenn si ändlech merkt, was goht - denn isch es z spot. |
Dr Tod aus dem Buch "Vierzig vorbei" (1988) Dr Tod Isch nid eine Wo eim uf d Schultere chlopft Und seit Chumm mit Sondern eine Wo eim i beidi Arme nimmt Und drückt Und drückt Bis me nüt meh anders Cha dänke Als Jo I chume |
E charitativi Gschicht aus der Sampler-LP "Schweizer Chansonniers und Dritte Welt" (ca. 1978) mit 2 Congatrommeln E Neger im Busch E Neger im Busch E Neger im Busch Syni Hutt isch düür Syni Hutt isch düür und lampet em über d Rippi Är sitzt am Bode Är sitzt am Bode Är sitzt und stoht nümm uf Do chunnt vo links Do chunnt vo links Do chunnt e Ma mit z Ässe Und au vo rächts Und au vo rächts Chunt au e Ma mit z Ässe Und dä vo links Und dä vo links Seit: Se, do hesch Riis so vill as willsch Und dä vo rächts Und dä vo rächts Seit: Se, do hesch Fisch e ganze Sack Do seit dä vo links: Pass uf uf dä Fisch dä isch alt und dä stinkt scho, mis Riis isch no früsch Do seit dä vo rächts: Pass uf uf das Riis das isch fuul und vernaget vo Ratten und Müüs Do seit dä vo links: Pass uf uf dä rächts die Lütt, wo dä zahle, die wei öppis schlächts Nimm das Poulet, das tuet der guet Do seit dä vo rächts: Pass uf uf dä links dä chunnt drum vo dört und wird zahlt vo de dings Nimm das Gottlett, das tuet der guet Und dä vo links drückt em s Poulet is Muul und läärt em sis Riis übre Chopf und dä vo rächts stosst em s Gottlett no noche und leit em si Sack voll Fisch uf d Brust Denn haue sis ab und me ghört se no lang wie si chäre, wär besser heig ghulfe Denn haue sis ab und me ghört se no lang wie si chäre, wär besser heig ghulfe Und der Neger im Busch Und der Neger im Busch Und der Neger im Busch blibt zrugg Us sim Muul luegt es Poulet und erst no nes Gottlett si Chopf liit underem Huffe Riis Und der Neger im Busch Und der Neger im Busch Und der Neger im Busch bewegt sech nümm |
Eine ziemlich gespenstische Nummer mit Bass aus dem Programm "Doppelgriffe" (1970) Was ist jetzt das? Was ist jetzt das? Eine Nummer mit Bass eine Nummer mit Bass genauer gesagt, ein Lied mit Bass ein ziemlich gespenstisches Lied mit Bass. Es handelt drum gar nicht von irgendwas es geht darin einzig darum, dass eine Nummer jetzt kommt eine Nummer mit Bass ein Lied mit Bass ein ziemlich gespenstisches Lied mit Bass. Zuerst rollt ein dickes, grünes Fass darin ist ein Männlein, schleimig und nass das klopft und ruft: Ich bitte dich, lass! Doch schon ist's vorbei und was bleibt, ist der Bass das gespenstische Lied mit Bass. Dann wiehert ein käsiges, lahmes Ross darauf sitzt ein pickelbesäter Boss und schreit: Wir gehen sofort zum Schloss! Doch schon ist er weg und was bleibt, ist der Bass das gespenstische Lied mit Bass. Dann holpert ein hellgelber, länglicher Bus voll Murmeltieren hier durch, weil er muss als Chauffeur amtet ein Octopus doch schon ist es Schluss und was bleibt, ist der Bass das gespenstische Lied mit Bass. Eine Nuss mit drei Füssen, die sagte gern was - Oho, das käme ihr grade zupass dies ist nämlich nur eine Nummer mit Bass gespenstisch twar, aber trotzdem mit Bass! Jetzt werden Sie sagen: Was soll denn das? Doch Achtung, da kommt schon wieder das Fass und der Bus und die Nuss und das Ross und der Boss und rufen mir zu: Wir wollen was! So brauch uns doch endlich für irgendwas! Vielleicht in der Art von Günter Grass! Und das Ross ruft: Oder Torquato Tass'! Und der Octopus hebt seine Hände voll Hass. Da wird mir die Sache doch langsam zu krass. Ich brülle sie an: So merkt euch das! Dies hier ist allein eine Nummer mit Bass und sonst ist kein Platz für irgendwas! Haut ab und macht, wenn ihr wollt, einen Jass! Da werden sie alle verschnupft und blass ein Murmeltier hat noch drei Blatt vom Herz As und dann sind sie weg und kommen nicht wieder und im gespenstischsten meiner Lieder herrscht Ruhe, un alles, was bleibt, ist das: eine Nummer mit Bass eine Nummer mit Bass eine ziemlich gespenstische Nummer mit Bass. |
Ein paar Fragen zum Tage aus dem Buch "Der Mann auf der Insel" (1991) Glauben Sie, dass sich der Computer je wieder rückgängig machen wird? Gehen Sie gern in ein Fotokopiergeschäft? Gefällt Ihnen das Foto auf Ihrer Identitätskarte? Wissen Sie, was auf der ersten Seite Ihres Passes steht? Ist es Ihnen peinlich, wenn Sie weinen müssen? Haben Sie auch schon einen Fehler gemacht, der nicht wiedergutzumachen ist? Wenn ja, wie haben Sie sich ermutigt, dass Sie trotzdem weiterleben können? Haben Sie auch schon mit einem Ihrer Körperteile gesprochen? Welche Farbe haben Ihre Augen? Sind Sie sicher? Kennen Sie jemanden, der früher Elektriker war und jetzt Heilpädagoge ist? Kennen Sie jemanden, der früher Heilpädagoge war und jetzt Elektriker ist? Haben Sie Angst vor dem Fliegen? Warum? Haben Sie Angst vor dem Autofahren? Warum? Was möchten Sie noch lernen? Haben Sie auch schon geträumt, Sie würden ermordet? Kennen Sie eine Chirurgin? Wann haben Sie Ihre besten Freunde zum letztenmal getroffen? Sind Sie sicher, dass Sie Freunde haben? Wann haben Sie das letztemal eine Platte aufgelegt? Können Sie einen Videorecorder vorprogrammieren? Können Sie ein Brot backen? Welche von den zwei Rollen im Mysterienspiel "Jedermann" würden Sie lieber spielen, Gott oder den Teufel? Ist Gott Ihrer Meinung nach protestantisch oder katholisch? Was zerbricht eigentlich bei einem Ehebruch? Wann waren Sie das letztemal in Lebensgefahr? Haben Sie sich etwas vorgenommen für den Fall, dass Sie davonkommen? Möchten Sie nach Ihrem Tod lieber bestattet oder kremiert werden? Haben Sie gern Hunde? Haben Sie gern Hundehalter? Können Sie nach dem Pfeifton locker auf einen Anrufbeantworter sprechen? Nezamantan beri i Sviçre desiniz? Können Sie sich ein Leben ohne Kaffee vorstellen? Wie würden Sie jemandem helfen, der heroinsüchtig ist? Wenn Sie allein zu Hause sind und Sie gehen auf die Toilette, schliessen Sie da die Toilette ab? Können Sie Bäume fällen? Können Sie mit einem Textverarbeitungssystem umgehen? Fallen Ihnen Druckfelher auf? Sind Sie treu? Könnten Sie zuschauen, wie einem Menschen mit einer Kreissäge ein Arm abgetrennt wird? Könnten Sie zuschauen, wie einem Menschen im Film mit einer Kreissäge ein Arm abgetrennt wird? Kennen Sie Kinder, die gern solche Filme anschauen? Was ist der Unterschied zwischen diesen Kindern und Ihnen? Kaufen Sie Parmesankäse lieber gerieben oder am Stück? |
Ein Schweizer im Ausland aus dem Programm "Schubert-Abend" (1979) Auf Schritt und Tritt schaut er sich um. Spricht man ihn an so stellt er sich dumm. Er fragt keinen Menschen sieht niemand an und starrt von Zeit zu Zeit in einen Strassenplan. Er hält die Hand verkrampft in der Tasche und geht einher wie in Sack und Asche ein Herz voll Angst ein Gesicht aus Stein zwei Lippen aus Kreide - wer mag das sein? Ein Schweizer im Ausland von Elend erfüllt ein Schweizer im Ausland ein trauriges Bild! Ihm graut vor dem Essen er ist überzeugt das Ausland sei schon als solches verseucht. Er misstraut jedem Brötchen wäscht jede Frucht und ist permanent vor Bazillen auf der Flucht Wasser trinkt er nicht rohe Milch auf keinen Fall die Zähne putzt er mit Agua mineral. Salat lehnt er ab Fische auch, das ist die Norm das einz'ge, was er wirklich schluckt ist Mexaform Ein Schweizer im Ausland von Elend erfüllt ein Schweizer im Ausland ein trauriges Bild! Wenn jemand hustet schöpft er Verdacht er zuckt zusammen wenn jemand lacht denn er fürchtet schon beim leisesten Hauch man lache über ihn - und das stimmt ja auch. Trinkgeld gibt er keins oder wenn, dann zuviel. Für ihn ist bei jedem Kauf Betrug im Spiel. So lebt er dahin und das grösste Glück das er kennt in der Fremde ist die Reise zurück. Ein Schweizer im Ausland wird nie richtig froh ein Schweizer im Ausland - aber die Deutschen sind genau so! |
Erklärung aus dem Programm "Der Flug nach Milano" (1985) Die Regierung unseres Landes gibt zu, dass die Regeln, nach denen wir zusammenleben, in den wesentlichsten Punkten versagt haben. Es ist uns mit diesen Regeln nicht gelungen, die langsame Vernichtung unserer Lebensgrundlagen aufzuhalten. Wir behandeln die Schweiz nicht mehr wie etwas Lebendiges, sondern immer mehr wie eine Sache, aus der es das letzte herauszuholen gilt. Deshalb beschliesst die Regierung, den Namen unseres Landes abzuändern. Dieser Name lautet ab sofort nicht mehr "Die Schweiz", sondern "Das Schweiz". Durch eine solche Massnahme hoffen wir, in allen Mitbürgern und Mitbürgerinnen die Sehnsucht nach einem Land zu wecken, das den Namen "Die Schweiz" wieder verdient. |
Es bärndütsches Gschichtli aus dem Programm "Die Sparharfe" (1967) Gäuit, wemer da grad eso schön binanger sitze, hani däicht, chönntech vilicht es bärndütsches Gschichtli erzelle. Es isch zwar es bsungers uganteligs Gschichtli, wo aber no gar nid eso lang im mittlere Schattegibeleggtäli passiert isch. Der Schöppelimunggi u der Houderebäseler si einischt schpät am Abe, wo scho der Schibützu durs Gochlimoos pfoderet het, über s Bätzmättere Heigisch im Erpfetli zueglüffe u hei nang na gschtiglet u gschigöggelet, das me z Gotts Bäri hätt chönne meine, si sige nanger scheich. "Na ei so schlöözige Blotzbänggu am Fläre, u i verminggle der s Bätzi, dass d Oschterpföteler ghörsch zawanggle!" "Drby wärsch froh, hättsch en einzige nuesige Schiggeler uf em Lugipfupf!" U so isch das hin u härgange wie nes Färegschäderli amene Milchgröözi, da seit plötzlech Houderebäseler zu Schöppelimunggi: "Schtill! Was ziberelet dert näbem Tobelöhli z grachtige n uuf u aab?" Schöppelimunggi het gschläfzet wie ne Gitzeler u hets du o gseh. Es Totemügerli! U nid numen eis, nei, zwöi, drü, vier, füüf, es ganzes Schoossinjong voll si da desumegschläberlet u hei zängpinggerlet u globofzgerlet u gschanghangizigerlifisionööggelet, das es eim richtig agschnäggelet het. Schöppelimunggi u Houderebäseler hei nang nume zuegmutzet u hei ganz hingerbyggelig wöllen abschöberle. Aber chuum hei si der Awang ytröölet, gröözet es Totemügerli: "Heee, dir zweee!" U denen ischs i d Chnöde glöötet wie bschüttigs Chrüzimääl dure Chätschäbertrog. Düpfelig u gnütelig si si blybe schtah wie zwöi gripseti Mischtschwibeli, u scho isch das Totemügerli was tschigerlisch was pfigerlisch binene zueche gsi. Äs het se zersch es Rüngli chyblig u gschiferlig aagnöttelet u het se de möögglige gfraget: "Chöit dir is hälfe, ds Blindeli der Schtotzgrotzen ueche z graagge?" Wo der Schöppelimunggi das Wort "Blindeli" ghört het, het em fasch wölle ds Härzgätterli zum Hosegschingg uspföderle, aber de Houderebäseler het em zueggaschplet: "Du weisch doch, das men imene Totemügerli nid darf nei säge!" U du si si halt mitgschnarpflet. "Sooo, dir zweee!" het ds Totemügerli gseit, wo si zum Blindeli cho si, u di angere Totemügerli si ganz rüeiig daaggalzlet u hei numen ugschynig ychegschwärzelet. Da hei die beide gwüsst, was es Scheieli Gschlychets ds Gloubige choschtet u hei das Blindeli aagroupet, der eint am Schörpfu, der anger a de Gängertalpli. Uuuh, isch das e botterepfloorigi Schtrüpfete gsi! Die zwee hei geschwouderet u ghetzpacheret, das si z näbis meh gwüsst hei, wo se der Gürchu zwurglet. Daa, z eis Dapf, wo si scho halber der Schtotzgrotzen uecheghaschpaaperet si, faht sech das Blindeli afah ziirgge u bäärgglet mit schychem Schtimmli: "Ooh, wie buuchet mi der Glutz!" Jetz hets aber im Schöppelimunggi böös im Schyssächerli gguugget. Är het das Blindeli la glootsche u isch der Schtotzgrotz abdotzeret, wie wenn em der Hurligwaagg mit em Flarzyse der Schtirps vermöcklet hätt. "Häb dure, Münggu!" het em der Houderebäseler na naagräätschet, u de het er nüt meh gwüsst. Am angere Morge het ne ds Schtötzgrötzeler Eisi gfunge, chäfu u tunggig wien en Öiu, u es isch meh weder e Monet gange, bis er wider het chönne s Gräppli im Hotschmägeli bleike. Totemügerli u Blindeli het er keis meh gseh sis Läbe lang, aber o der Schöppelimunggi isch vo da a verschwunde gsi. |
Es ist nie zu spät aus dem Buch "Hin- und Hergeschichten" (1986) Ein junger Mann und eine junge Frau sassen auf einer Parkbank und liebkosten sich heftig. Neben ihnen sass ein älterer Mann mit einer Glatze und seufzte. "Das ist ja für mich alles vorbei", sagte er sich, dachte an seine über dreissigjährige Ehe und schaute voll Ekel zu, wie sich die Hand des jungen Mannes in die Hüfte der Frau krallte. Plötzlich dachte er: "Warum eigentlich? Wieso sollte auf mich keine Frauenhüfte warten, in die ich meine Hand krallen kann?" Und er stand auf und ging in die Hemdenabteilung eines Warenhauses, wo eine ältere Verkäuferin mit kurzgeschnittenen grauen Haaren und blauen Augen wirkte, die ihm schon aufgefallen war. Ohne Umschweife fragte er sie, ob sie mit ihm nachtessen wolle, eine Einladung, die sie gleich annahm, denn auch sie hatte gerade an ihre dreissigjährige Ehe gedacht und sich gefragt, was eigentlich die Hemden sollten, die sie all den Männern verkaufte. Sie gingen zusammen in einen Landgasthof, wo sie auch die Nacht über blieben, und der Mann krallte seine Hände in die Hüften der Frau, dass es eine Freude war. Von nun an ertrug er den Anblick eines Liebespaares wieder, ja er musste sogar lächeln, wenn er über die Parkbänke schaute, und die Frau verkaufte ihre Hemden mit ungewöhnlichem, fast saloppem Schwung. Die Ehepartner der beiden jedoch, was war mit denen? Es tut mir leid, aber die interessieren mich nicht. |
Es si alli so nätt aus dem Programm "Schubert-Abend" (1979) Chürzlech simer züglet Usem Dörfli zmitts i d Schtadt Zum Fänschter us gsehni i der Wyti Schatt em Glärnisch s Zentrum Glatt Jetzt wohnemer wider bi de Lütte Verschticken i de Nochbere fascht Si gsehnis i d Schtube, i d Chuchi Aber eis het üs überrascht Es si alli so nätt Es si alli so nätt - würklech, do seit men immer, me chönn nur ufem Land persönlech läbe Es si alli so nätt - das säge nur die, wo i der Schtadt ke Wohnig gfunde hei Es si alli so nätt - isch es puurs Vorurteil Es si alli so nätt Mängisch, do machi Züüg ab Wo d Familie lydet derby: Muesch jetz uf Brig go schpile Seit d Frau und luegt truurig dry. Weisch, sägi nochhär und hüeschtle S isch eifach nid andersch gange Die hei so lieb gfrogt u gschribe I ha se nid chönne lo hange S si alli so nätt S si alli so nätt - du kennsch jo d Frau Schreiner und der Herr Roggemoser vom Chällertheater, die hei mängisch gnue aaglütte Es si alli so nätt - und wenn du s Publikum gsechtisch Die si alli so nätt - und schliesslich mues me de Lütt zeige, dass es weschtlich vo Züri au no Kabarettischte git, und gard die Si alli so nätt - i chume drum urschprünglech vo Olte. Olte bi Gösge. I bi z Gösge go demonschtriere Will i gäge d Atomchraft bi Druf lade mi d Chärnchraftherre Zunre chlyne Besichtigung y Si zeige mir ihre Tämpel Denn sitze mer zäme n a Tisch Üsi Meinig isch komplett verschide Aber was s verrücktischten isch Es si alli so nätt - würklech Es si alli so nätt - si doch Familieväter wie du und i Es si alli so nätt - si sogar Wildwasserfahrer und Schilangläufer Es si alli so nätt - wüsse würklech, was Natur isch Es si alli so nätt I ha mi dermit beschäftiget Wäm d Schwiz im Grund gnoh ghört Und i bi uf paar Näme gschtosse Aber denn hani es paar dervo troffe Vo der chlyne, mächtige Härde Wonis allne der Marsch blost, i säg ech Es isch würklech zum wahnsinnig wärde S si alli so nätt Es si alli so nätt - grüezi, Herr Dokter, gueten Obe, Herr Diräkter Es si alli so nätt - hei sogar Sache vo mir gläse Es si alli so nätt - kenne einzelni Schtellen us em Totemügerli uswändig Es si alli so nätt Letschthin traum i tatsächlech I hoffen es wird nie wohr Me heig mi zum Tod verurteilt I sigi e z grossi Gfohr Aber s schlimmschte, churz vor em Chöpfe Si all die fründleche Grind Vo Schtaatsaawalt, Richter und Hänker S isch wyt und breit kei Find S si alli so nätt - dörfe mir Ihne die Binde um d Auge legge? Es si alli so nätt - hei Si no ne letschte Wunsch? Es si alli so nätt - ah, Si sind Nichtraucher Es si alli so nätt - denn legge Si jetz bitte Ihre Chopf uf dä Pflock do Es si alli so nätt, so nätt, so unheimlich, so grauehaft NÄÄÄÄÄTTTT! |
Frage aus dem Buch "Da, wo ich wohne" (1993) Was treibt einen Mann dazu, einen 69jährigen Mann, mitten in einem belanglosen Brief, mitten in einem Wort, mitten im Wort "müssen" aufzustehen und seine schlafende Lebensgefährtin und dann sich selbst zu erschiessen, erschiessen zu müs |
Geisterbeschwörig gesungen während eines Warnfeuers im Val Madris (Kanton Graubünden) vorzutragen zum Schwingen eines Schwirrholzes Ihr guete Geister uf allnen Alpe! Lönd ech vo den Ingenieure nid lo vertschalpe! Ihr guete Geister vom Val Madris! Gänd eue Bode nid eifch priis! Und wenn d Herre chömed ins Val Curciusa jaget sen eifach zum Talboden usa! Und chömed die Herre ufe Bernina denn blooset sen abe uf Pontresina! Und ganz wyt hinden im Val Bercla do hälfed eu sicher es paar Zwergla! Ihr guete Geister zoberst im Grimsel! Mir wette chli meh als paar truurigi Grinnsel! Ihr guete Geister vo Felsen und Ställ! Rettet eus eusi Wasserfäll! Schützet d Natur, üses würkleche Huus! Susch tröchnen am Änd üsi Seele no us! Susch tröchnen am Änd üsi Seele no us! |
Gibt es uns? aus der Zeitung "Tages-Anzeiger" (18. Juli 1985) Zum dritten Mal innert kurzer Zeit werde ich darauf aufmerksam gemacht, dass ich eigentlich nicht existiere. Satire in der Schweiz, heisst es, haha, das gibt es nicht, das können wir gar nicht, dazu sind wir zu bieder und zu verstockt. Satire können nur die Deutschen, denn dort gibt es dafür eine Tradition, und die fehlt leider Gottes bei uns, und wo der Boden der Tradition fehlt, da wächst auch nichts. Wenn das Roman Brodmann schreibt ("Weltwoche" vom 20. Juni 1985), für den mit Tschudi und Wollenberger der Gipfel helvetischer Satire erreicht war, dann begreife ich das noch. Wenn unser Nonkonformistengrossvater seinen abwesenden Blick vom nahen Deutschland in die ferne Schweiz richtet, dann sieht er nur das, was er sehen will, und das ist das, was er schon immer gesehen hat. Sein Artikel über den "Nebelspalter", der mich im übrigen amüsiert hat, ist so aufgebaut, dass es in der Schweiz eben keine Satire geben kann, und deshalb gibt es sie auch nicht, ausser zur Zeit, wo er selbst noch dabei war. Meinetwegen. Ehret das Alter. Wenn Hansruedi Fritschi bei der Vorschau auf Gerhard Polt ("züri-tip" vom 5. Juli 1985) ebenfalls schreibt, ja, die Deutschen, das sind halt noch die richtigen Satiriker, ja, der Hildebrandt, ja, der Polt, und über den hiesigen Kollegen nur das Wort "harmlos" tröpfeln lässt, dann meinetwegen. Vergleichen können heisst Kenner sein. Wenn aber Kaspar Wespi in seiner "Scheibenwischer"-Besprechung (Tages-Anzeiger vom 10. Juli 1985) auch noch ins selbe Horn stösst und seinen einheimischen Blick in die einheimische Runde schweifen lässt und einfach nichts findet, das dem deutschen Hil-de-brandt gleicht, dann beginne ich mich zu ärgern. Dieses dauernde Massnehmen an deutschen Vorbildern wie an Sportlern, die bessere Zeiten laufen, das finde ich bieder und provinziell. Auf das Massnehmen folgt auch gleich das Vorschreiben: "Satire muss Namen nennen", lese ich da. Ich habe schon oft gehört, was Satire muss, und ich hasse diese Sätze. Ich bin ein Muss-feind, und ich bin für das Selbstbestimmungsrecht, auch das der Satiriker. Wenn etwas die Satire kennzeichnet, dann ist es die Freiheit, und nicht nur die Freiheit der Gedanken, sondern auch die Freiheit der Mittel und der Form. Ich habe Hildebrandt gern, ich schaue mir jeden "Scheibenwischer" an, den ich kann, ich würde ihn vermissen, wenn er nicht mehr käme, aber ich denke nicht daran, mir diese Form als die einzig mögliche Satire vorhalten zu lassen. Was mich an dieser Form freut, ist wohl etwa das, was Kaspar Wespi daran freut, soweit sind wir uns einig. Ich kann aber auch sagen, was mich von dieser Form trennt. Hildebrandt macht ein Politiker-Kabarett, bei dem sich der ähnlich gesinnte Zuschauer auf die Schenkel klopfen kann und eigentlich sogar der nicht ähnlich gesinnte. Es werden ja Namen genannt, und wo Namen genannt werden, wird man selbst nicht genannt, da ist man selbst nicht gemeint, da kann man mit dem Satz hinausgehen: "Denen hat er's wieder einmal gegeben!" Wenn man draussen ist, ist man fein raus. Das ist der Grund, warum ich mich nie wirklich auf die Namenssatire eingelassen habe. Mich interessiert die Zustandssatire. Wie sind die Zustände? Wie kommt es zu den Zuständen? Und der Zuschauer ist, genau wie ich selbst, ein teil der Zustände, pathetischer kann ich auch sagen, der Mensch ist ein teil der Zustände, und er ist eben der Teil, der mich am meisten interessiert, der teil, den ich am wenigsten auslassen möchte. Oder wie Hanns Dieter Hüsch sagte (auch ein Deutscher, ha!): "Dieses Programm handelt von Dir. Nur Dein Name wurde geändert." Zur Erinnerung: Auch Gerhard Polt nannte in seiner Vorstellung im Bernhard-Theater keine Namen, er zeigte nur Menschen, und gerade das war das Unheimliche. Meine Fernsehsendungen erregten nicht dann am meisten Anstoss, wenn Namen genannt wurden. Die "Denkpause" über Kaiseraugst (keine Namensnennung) löste vier Konzessionsverletzungsbeschwerden und eine Preisverweigerung aus, diejenige über die Dienstverweigerung (keine Namensnennung) wurde vom Fernsehen abgesetzt, bevor sie gesendet war. Die Zustände in den schweizerischen Medien, und das wäre durchaus ein Thema, sind nicht satirefreundlich. Aber wer bloss den Fernsehknopf drücken will, um zu einer Portion Satire zu kommen, der ist mir zu harmlos. Die Satire kommt nicht einfach zu einem nach Hause hierzulande, mit der Konzessionsgebühr oder mit dem "Nebelspalter"-Abonnement, sondern man muss ihr nachgehen wie die Nomaden dem Gras. Man muss sie dort suchen, wo sie jeweils gerade wächst. Wer Meienberg lesen will, der soll eben statt des "Tages-Anzeiger-Magazins" die Augen aufmachen - irgendwo schreibt er immer, und vielleicht wäre das sogar ein Grund, wieder einmal die "Wochen-Zeitung" anzuschauen. Wer satirisches Kabarett sehen will, kann ja auch einmal den Fuss ins Theater setzen, und wenn ihm der Keiser oder der Emil nicht passt, kann er es ja mit den andern versuchen, mit Rittmeyer, den Birkenmaiers, mit Baumgartner / Greder, mit Jürg Jegge oder schlimmstenfalls mit mir. Wer gerne Namen genannt hat, kann ja wieder einmal eine "Unwahre Geschichte" von Hans Gmür in der "Schweizer Illustrierten" lesen, oder er soll sich freuen, dass es jeden Tag eine Karikatur von Nico im "Tages-Anzeiger" gibt (ich nenne ihn hier stellvertretend für alle zeichnenden Satiriker, von denen wir eine ganze Menge haben). Er kann sich auch eine Platte kaufen, z. B. Linard Bardills Spottgesang über Otto Largiadèr, oder wenn er eher die Richtung von Polt mag, die "Reinigungsplatte" von Joachim Rittmeyer. Ich habe jetzt nicht alle Namen genannt, aber schon die genannten scheinen mir ein Hinweis auf eine gewisse Existenz, und wer sich vernachlässigt fühlt, soll sich selber melden, vielleicht würde auch dadurch sichtbar, was die gestrenge Troika Brodmann / Fritschi / Wespi nicht sehen will, nämlich dass es uns gibt. |
Ich will nicht Übersetzung des Liedes "Necu protiv druga svog" (Rade Serbedzija) Marschbefehl Nummer 2 schickt dich zum Sieg wen es auch trifft von den Jungen muss in den Krieg er verteidigt das Land vor dem Lande und das Heer vor dem eigenen Heer er verteidigt das Meer vor dem Festland und das Festland vor seinem Meer. Ich will nicht ich will nicht ich will nicht schiessen auf meinen Freund und ich weiss nicht ich weiss nicht ich weiss nicht welches Volk ist mein Feind. Jahrgang 72 - weiss, was er will Jahrgang 72 - totenstill die Mörder am grünen Tisch zählen nicht jede Leich Jahrgang 72 - war doch so kinderreich... Ich will nicht ich will nicht ich will nicht schiessen auf meinen Freund und ich weiss nicht ich weiss nicht ich weiss nicht welches Volk ist mein Feind. Jahrgang 73 - rechts um! Jahrgang 73 - kehrt wieder um! Ihr verteidigt das Land vor dem Lande und das Heer vor dem eigenen Heer ihr verteidigt das Meer vor dem Festland und das Festland vor seinem Meer. Ich will nicht ich will nicht ich will nicht schiessen auf meinen Freund und ich weiss nicht ich weiss nicht ich weiss nicht welches Volk ist mein Feind. |
Igelzüglete aus dem Programm "Schubert-Abend" (1979) Wüsset dir, wie s d Igle mache, wenn si zügle? Si stecken ihri Sächeli uf ihri spitze Stächeli: ihri Tischli und ihri Bänkli ihri Stüehli und ihri Schränkli ihri Chüsseli und ihri Tüechli ihri Bildli und ihri Büechli ihri Lämpli und ihri Bettli und ihri Trottinettli ihri Cöütschli und ihri Thrönli und ihri Grammophönli ihri Tassli und ihri Pfännli und ihri Sitzbadwännli. So göh si is neue Hüsli, tripp trapp! Und strychen ihre Hushalt a de Wänden ab. Oh wäre mir doch Igle! De chönntemer besser zügle. |
I ha jetz gnue aus dem Programm "Der Flug nach Milano" (1985) I ha jetz gnue. Mir längts. Während Johre hani Erklärige unetrschribe Aalige unterschtützt Unterschrifte gsammlet Patronatskomitee gschmückt i bi go demonschtriere füre Wald füre Fride gäge Gösge ha Schtrossetheater gmacht zum d Passante ufrüttle aber meischtens hei si scho uf die anderi Schtrossesite gwächslet, wenn si mi nume vo witem gseh hei die wo sech nid hei welle lo ufrüttle und die andere wüsses jo scho i ha mi i Mönschechettine ygreiht ha Plakat finanziert ha bi Inseratekampagne mitgmacht ha mini Meinig zämegfasst pointiert und prägnant mit Name, Foti und Funktion dasch jo wichtig, Funktion Nationalrat, Arzt, Publizist Hausfrau, Kabarettist und Schriftsteller möglechscht vilfältig und doch sis immer di glychlige Brüef Lehrer, Sozialarbeiter, Psychotherapeut, Chrankeschwöschter sälten e Murer, Kosmetikverchäufere oder e Reiseleiter i ha a Diskussionsöbe teilgnoh kontradiktorisch au im chlynere Kreis zum Abbau vom Findbild bim Rotary Club bi de Junge Gschäftslüt bi de chrischtkatholische Akademiker i ha mer Müeh gäh i d Schuele z goh wenn si gfrogt hei und au i d Jugendhüser dört isch es luschtiger gsi als bim Rotary Club i ha Chinderbüecher gschribe ha Sändige gmacht für die Chlyne zum d Phantasie entwickle, entfalte und erhalte i ha immer gseit, das sig wichtig Phantasie, hani gseit, und Poesie die hälfe is zum freier dänke uf allne Gebiet au bischpilswiis uf däm vo der Politik i ha probiert ufs ganze z wirke und uf en einzeln will au bim einzelne öppis mues goh me cha keini Gsetz verändere wenn sech nid jede au sälber veränderet i ha gwartet uf irgendes Zeiche vo Vernunft und Verzicht aber d Initiative Tempo 100/130 het sovill Unterschrifte gha wie keini vorhär wie keini vorhär und weni mer hütt überlegge was alles das brocht het nach - sägemer - 15 Johr denn gsehni eifach kei Wirkig im Gägeteil je besser und fortschrittlecher d Lehrmittel i üsne Schuele wärde deschto verschissener wird üsi Wält d Ärde, s Wasser, d Luft wärde jede Tag e chli gruusiger d Bäum verträgen is nümm und d Pilz und d Vögel und d Tier und der Bode und gly au s Getreide die hei eifach kei Sinn für üsi Demokratie für d Schtaatsform vo de Geduld und vom Gschprööch aber d Bäum und d Pilz und d Vögel und d Tier un der Bode, s Getreide die hei kei Geduld die sueche kes Gschprööch die wei nid verschtoh, dass das wo 55% vo de Schwizer richtig finde für sie nid goht das es eifach nid goht mir sette wahrschinlech d Natur mol versammle alles wo wachst und chrüücht und flügt und sette däm ganze Gschmäus e chli Schtaatsbürgerkund erteile de würde sie sichs vilicht zerscht überlegge bevor si aföh chränkle und särble und schmürzele und abschtärbe eifach goh abschtärbe oder si Ihne settig Gedanke vollkomme frömd? Kenne Sie s nid das Gfühl Sie heige kei Pfuus und Sie haltes nümm us und Sie haltes nümm us und Sie haltes nümm us? |
In der Stadt aus dem Buch "Wo?" (1975) Man wird nirgends mehr eingelassen, alle Kellner sagen Feierabend. Es windet hier ziemlich scharf, man trifft nur noch Betrunkene. Ein ganz kleiner Mann mit einer randlosen Brille wankt vorbei und schaut mich klug an. In den Parkhäusern stehen Autos. In den Betten liegen Menschen. Manche haben sich Nachrichten hinterlassen, bin morgen wieder da. Jemand hat auf eine Glastüre geschrieben, ich bin so schrecklich allein, weisst Du (ich glaub, ich werd noch verrückt). Viele haben sich heute einen Film angeschaut, in dem andere glücklich werden. In den Bahnhoftoiletten hängen Kondomautomaten, empfindungsecht, superfeucht, erste Qualität. Manche läuten noch an Türen und wissen nicht, dass die Klingel defekt ist. Im Zimmer nebenan stöhnt eine Frau fast eine Stunde lang, vom Mann hört man keinen Laut, man hört nur verbissen das Bett wackeln. Ich schätze, dass es in der Stadt dreimal soviel Zimmer wie Leute gibt. Nachts ziehen sich die Leute in die Zimmer zurück. Etliche können nicht schlafen. Sie husten noch ein bisschen. Sie lesen die Zeitung, um zu erfahren, was anderen Leuten passiert ist. Ein Gammlerehepaar wollte sein Kind für 5 DM einem Kellner verkaufen und warf es dann in die Mosel. Heute war ich dabei, als etwas passierte. Im "Wienerwald" hat einer eine Stange mit acht vorgebratenen Hähnchen gestohlen und ist damit verschwunden. Der Hähnchenstangenbewacher rief die Polizei und verzeigte einen Mann, der diesem Diebstahl tatenlos zugesehen hatte. Acht Hähnchen sind allerhand, sagte er, und die zwei Polizisten verhörten etwas ratlos den Zuschauer. Ich weiss nicht, wie die Geschichte geendet hat, ich bin dann gegangen. Ich kenne hier einen Herrn, der mit einem andern Herrn eine sehr gute Männerhe führt. Ein weiterer Herr hat seiner Frau ein Kellertheater gekauft, damit sie wieder auftreten kann. Andere spielen in Märchen mit. Ein Mensch namens Schröder schlug mir vor, eine Nummer über den Eigentumsbegriff zu machen. Man kennt sich hier. Man trifft sich an. Man wird beobachtet. Viele denken über etwas nach. Manche frieren. Einer kotzt an eine Hausmauer. So richtig glücklich ist niemand. |
Liebe aus dem Buch "Vierzig vorbei" (1988) Auf den letzten Zug gehen hiesse noch ein bisschen zusammenzusitzen und etwas trinken mit dem Sänger und seiner Frau und den alten Bekannten. Auf den vorletzten Zug gehen hiesse noch ein bisschen zusammensitzen und etwas trinken mit dir denn du würdest noch auf mich warten und holtest mich ab am Bahnhof. Ohne zu zweifeln drück ich hastig die Hand dem Sänger der Frau und den alten bekannten und renne so schnell ich kann |
Männedorf aus dem Buch "Idyllen" (1970) Geschäftiges Leben im Dorfkern, gefällige Eigenheime und weitverstreute, behäbige Bauernhöfe geben Männedorf das Cachet einer blühenden Zürichsee-Gemeinde und lassen die Nähe des allmählich zur Grossstadt heranwachsenden modernen Zürich vergessen. Dieser Satz steht im Prospekt des Verkehrsvereins, und es lässt sich nicht viel gegen ihn sagen. Ich bewohne hier ein gefälliges Eigenheim, das in der Nähe eines weitverstreuten Bauernhofes liegt. Der Bauer heisst Reithaar, ist sechsundachtzig und macht noch alles selbst. Er ist klein und freundlich und erzählt mit Freude, woran der frühere Besitzer unseres Hauses gestorben ist, de het zvill gfrässe. Wenn Herr Reithaar auf den Kirschbäumen steht, hat man nicht das Gefühl, dass er zuviel esse. Er hat zwei Kühe, aber wie alle alten Zürcher Bauern lässt er sie nie aus dem Stall. Es gibt hier eine Kirchgemeinde und eine römisch-katholische Kirchgemeinde. Auf jedem weitblickigen Hügel steht ein Bibel- oder Erholungsheim, auch Waisenhäuser und Eingliederungsstätten für Behinderte, nur das Altersheim liegt ein bisschen im Schatten, das kommt aus der Zeit, wo alt werden noch eine Schande war. Das gemeindehaus hat vor dem Eingang zwei dicke Säulen, die ein Vordach tragen, auf welchem zwei Urnen stehen. Es ist mit "Gemeindehaus" angeschrieben. Briefe aus dem Gemeindehaus beginnen mit der Anrede "Werter Herr!" und enden mit freundl. Grüssen. Wenn sich um einen Sitz in der Schulpflege ein unverheirateter Kanzlist und eine Mutter von sechs Kindern bewerben, dann wird der unverheiratete Kanzlist gewählt, weil er bei der demokratischen Partei ist. Die Gemeindeversammlungen sind gut besucht, ab und zu wird ein Kredit für eine Bushaltestelle angefochten, den man aber doch annimmt. Jedes Jahr bekommt man einen detaillierten Rechnungsabschluss der Gemeinde zugestellt, in dem man genau nachlesen kann, wieviel ausgegeben und eingenommen wurde. Das längste Wort darin heisst Kadaververnichtungsgebühren, diese betrugen im Jahr 1968 Fr. 1461.-. Auffällig ist, wie in solchen Berichten das ganze Dorfleben in verschiedene Wesen aufgeteilt ist, das geburtswesen, das Schulwesen, das Strassenwesen, das Bestattungswesen, das Friedhofwesen. Unter einem Friedhofwesen stelle ich mir etwas vor, das nachts über die Gräber schleicht. Männedorf liegt am rechten Ufer des Zürichsees und gilt in den Liegenschaftsinseraten als schöne Wohnlage. Die Entfernung von Zürich wird in Autominuten angegeben, bei Männedorf heisst es: 20 Autominuten von Zürich. Ein grosser Teil der Leute, die hier wohnen, wollte eigentlich in Zürich wohnen, wurde aber durch die Wohnungsknappheit hierher abgedrängt und nimmt nun das Glück eines ruhigen Landlebens auf sich. Natürlich gibt es auch Leute, die im Dorf arbeiten, vor allem Orgelbauer, Ledergerber und Alarmtechniker. Von diesen Leuten kenne ich niemanden. Orgelbauer stelle ich mir bleich, mager und leicht durchgeistigt vor, aber mit sehnigen Händen. Das ist wahrscheinlich falsch, denn ich habe hier noch nie jemanden angetroffen, der so aussieht. Die Gerberei hat, wie ich dem 25jährigen Jubiläumsbericht entnehme, in den letzten Jahren vermehrt auf hochmolekulare Polyäthylene umgestellt, riecht aber trotzdem nach Häuten. Wenn ich krank bin, nehme ich die Hilfe eines Landarztes in Anspruch. Wie Herr Reithaar macht er noch alles selbst, und bei schwierigen Fällen wird er nicht kleinlaut, sondern fröhlich, was auf den Patienten sehr beruhigend wirkt. Ein Spital hat es auch, man sieht oft Krankenschwestern mit verschränkten Armen und über die Schultern geworfenen Jäckchen durchs Dorf gehen, manchmal stirbt hier ein Prominenter, weil das Spital für seine persönliche Pflege bekannt ist. Da ich aber nicht mit etwas Traurigem schliessen möchte, erwähne ich noch Schwester Rösli. Ihr Mann ist Bahnhofvorstand und spielt in der Freizeit mit Modeleisenbahnen. |
Mein Heimatort Aus: Entwürfe für Literatur Nr. 15 (September 1998) S. 26 Um meinen Heimatort zu sehen, muss ich die Augen schliessen. Ich glaube ihn dann in den Bergen zu erkennen, in einem Tal, wo klare Wasser unter den Felsen hervorquellen und in grossen Wasserfällen über Abgründe in die Tiefe stürzen. In der Nähe muss ein Gletscher sein, über dem sich weisse Gipfel erheben. Was für ein Rundblick von dort oben! Merkwürdig allerdings, wie nahe an meinem Heimatort das Meer liegt, ich höre seine nie erlahmende Brandung und das Gekeife von Möwen. Fischgeruch weht herüber. Woher aber der Kanonendonner? Und der aufsteigende Rauch? Sollte in meinem Heimatort Krieg sein? Es ist mir, als höre ich Kinder weinen, und ich möchte sie trösten. Nein, eine Täuschung - wenn ich genau hinhorche, höre ich Gelächter, Musik, das geräusch von Schuhen auf einem Tanzboden. Oder ist es ein Leichenzug, der die Kirche betritt? Ja, so ist es, nicht eine Handorgel spielt, sondern eine Orgel, und als ich mich unter die Trauernden mische, stehe ich in einer kleinen Kirche in den Anden, in der sich Eingeborene leise, aber eindringlich in einer mir fremden Sprache Geschichten erzählen, und wenn ich mich geduldig zu ihnen setze, verstehe ich sie mit einem Mal, und zu meinem Erstaunen erzählen sie die Geschichten meiner verstorbenen Vorfahren, die auch die ihren waren, und jedes Leben war voller Mühsal, Arbeit und unerfüllter Träume, aber kein einziges Leben war ohne Hoffnung, Zuversicht und Zärtlichkeit, und es wird gar niemand begraben, sondern es wird ein Fest des Lebens gefeiert, und da sitzen sie, meine Vorfahren, unter den Eingeborenen und warten auf mich, in meinem Heimatort im Salzgeruch des Meeres, mitten im Hochland, über dem die Sturmmöwen und Steinadler ihre langen Schreie austauschen. |
Nachrichten aus den Gemeinden aus dem Programm "Doppelgriffe" (1970) Dulliken Im festlich geschmückten Versammlungssäli des Kirchgemeindehauses fand die diesjährige Adventsfeier für die Betagten und Einsamen statt. Nach Pfarrer Hutzlis besinnlichen Worten wartete die Samariterortsgruppe mit prächtigen Eollschuhdarbietungen auf, die von Gemeindekrankenschwester Emma auf der Blockflöte begleitet wurden. Frau Strub trug wie üblich ein langes, inhaltsreiches Gedicht vor, und zum Schluss sorgten die Organe des Frauenvereins für das leibliche Wohl. Herrschmettlen In der grossen Turnhalle des Rüedismattschulhauses fand eine vom ornithologischen Verein musterhaft organisierte Lokalschau statt. Unter dem Motto Unsere gefiederten Freunde waren über 500 prachtvolle Kaninchen zu bewundern. Trübbach Heuer war es der rührige Frauenarbeitsschulverein, der zum traditionellen Osterhüpfen auf dem Bockmätteli einlud. Vorgängig des eigentlichen Hüpfens erläuterte die Präsidentin, Frl. Annelies Zwygart, in kurzen Zügen die Herkunft dieses Brauches, der seinen Ursprung bei den Alemannen hat. Dann hüpfte jung und alt über den sorgsam ausgesteckten Parcours, wobei es galt, auf einem Bein hüpfend so viele Eier wie möglich einzusammeln. Siegerin wurde die flinke Gerdi Lobsiger mit 86 Eiern. Konolfingen Gestern erhängte sich im Rahmen einer schlichten Feier der langjährige Aktuar der Konolfinger Pistolenschützen. Die Dorfmusik umrahmte den Akt mit schönen Weisen, während Pfarrer S. Eggenberger bei der Abnahme der Leiche einige warme Worte des Dankes an den Verblichenen richtete. Oetz In der evangelischen Elterngemeinschaft hielt Frau Prof. Schreiber-Nestlé unter dem Titel Indonesien - Land der Gegensätze einen aufschlussreichen Vortrag über diese ferne Gegend. Dazu führte sie wertvolle Farbdias vor, die den Reiz der östlichen Inselwelt aufzeigten. Die Referentin hat selbst jahrelang in Indonesien gelebt und vermochte den 12 erschienenen Besuchern Land un Leute beglückend nahe zu bringen. Langenthal Der Tod hat in unserer Gemeinde schon wieder die Sichel geschwungen und den Ehrenveteran des Kakteenzüchterverbandes, Albert Unkauf, jäh dahingerafft. Der Entwichene hat der Kaktussache über 31 Jahre und 3 Monate die Treue gehalten. Voranzeige Da Freitag, der 25. Dezember, diesmal auf einen Samstag fällt, muss der Gymnastikabend für werdende Väter auf den Tag der unschuldigen Kindlein verschoben werden. |
Nach-Ruf auf Niklaus Meienberg, &(134; 24.9.1993 aus dem Buch "Die blaue Amsel" (1995) Lieber, böser Niklaus nun sprechen und schreiben sie alle von Dir im Imperfekt er war, er wurde er schrieb, er lebte er ging so schnell passt sich Sprache der Wirklichkeit an und die Wirklichkeit sagt seit Freitag, 16 Uhr immer wieder dasselbe: Selbstmord. Und ich sitze da und kann es noch immer nicht glauben obwohl Du selbst mir davon gesprochen hast im Sommer der eben noch war im Sommer als Dich die Liebe verliess und Dein harter Schädel nach Deinem Unfall langsam wider zu schaffen begann und Dein weiches Herz erbleichte vor Leere. Auch Selbstmord ist Mord. Was brachte Dich um oder wer? Die Gesellschaft gegen welche Du anschriebst die schweigende Mehrheit welche Dich hasste oder am Ende wir alle? Die Freunde noch mehr als die feinde? Täuschen liessen wir uns durch den Hünen Meienberg zu wenig spürten wir dass Du auf nichts so dringend gewartet hast wie auf die Frage: Wie geht es Dir? Verwundert gingst Du durch Oerlikon-City mit dem Traum von Paris im Kopf dem enttäuschten denn auch Paris wird immer mehr Zürich-Nord so les ich's im ersten Kapitel von "Zunder" dem letzten Buch von Dir das nun das letzte bleiben wird und als Du es vorige Woche bei mir vorbeigebracht hast da hab ich noch nicht gewusst dass das Dein Alterswerk ist denn ich habe auch künftig gerechnet mit Dir Deinem starken Blick für die Schwächen der Zeit Deiner Wissbegier Deinem Sinn für Gerechtes und Ungerechtes für Lügen und Wahrheit und vor allem hab ich gerechnet mit Deiner farbigen, blühenden, blitzenden fröhlichen, traurigen, knirschenden Sprache die ein Protest war - ist! - gegen Langeweile des Denkens und Lebens gegen gens de toutes sortes qui n'égalent pas leur destins wie Du in Deiner eigenen Todesanzeige zitierst gegen Leute jeglicher Art die ihr Schicksal nicht wert sind. Du wolltest das Deine selbst bestimmen davor ist Respekt am Platz doch erlaube mir auch zu trauern um Dich denn Du warst ein Freund und als wir vor ein paar Tagen zusammen am Oerliker Bahnhof standen und spotteten über das Minishopville das unter den Gleisen entsteht und als Du dann Deine Hand hobst zum Abschied und in der Unterführung verschwandest warum hab ich Dir da nicht nachgerufen: Lieber Niklaus bleib moch ein bisschen! Auf unseren Tischen steht Brot und Wein für Dich! Wir alle würden Dich sehr vermissen wenn Du jetzt schon gingest schon jetzt! |
Niemerma Übersetzung des Lieds "Nowhere Man" (John Lennon / Paul McCartney) Lueg, dört sitzt der Niemerma Ganz elei im Niemerland Macht e grosse Niemerplan für niemer Was er will, das weis er nit Und was er weis, das will er nit Usgseh tuet er glych wie du und i Niemerma, pass uf! Du weisch nid, was verpassisch Niemerma, di ganzi Wält ghört dir! Är isch blind, was blind cha sy Chiem, was well, är luegt verby Gseht nur das, woner will, und dasch nid vill Niemerma, nid gschprängt Nimm der Zyt, es längt Öpper macht am Schluss der Dräck de scho no für di Öpper macht am Schluss der Dräck de scho no für di Weisch au scho wär? Drümol rote... Was er will, das weis er nit Und was er weis, das will er nit Usgseh tuet er glych wie du und i Jää Isch's am Änd der Niemerma Us em grosse Niemerland Mit sim grosse Niemerplan für niemer Mit sim grosse Niemerplan für niemer Mit sim grosse Niemerplan für niemer |
Prag aus dem Buch "Idyllen" (1970) Wenn man ein östliches Land besucht, gibt einem oft ein Bekannter etwas für einen Bekannten mit, der einem dann misstrauisch die Tür öffnet und erst bei der Nennung des Namens seines Bekannten in überschwengliche Herzlichkeit ausbricht. Ich läute bei einem solchen Bekannten, es ist ein ehemaliger Schlossbesitzer, dem man 1948 sein Schloss in Ostböhmen verstaatlicht hatte. Es hatte 48 Zimmer, dafür hat er jetzt freien Eintritt, wenn er es besuchen will. Wie ich komme, sagt er gleich: "Das kann nur in Tschechoslowakei passieren. Wir haben Kohl bestellt, ist er zehn Minuten geommen, und jetzt missen wir in der Kiche essen." Ich verstehe den Zusammenhang nicht, aber wir gehen in die Kiche. Seine Frau ist rund und bodenständig, und wenn ich etwas Tschechisches sage, stützt sie die Hände in die Hüften und sagt strahlend krasn&(253;, mit einem ganz langen a. Ein hellblauer Wellensittich hüpft in seinem Käfig herum und ruft dauernd seinen Namen: "Pepi(ek Svagera! Pepi(ek Svagera!" Der Schlossbesitzer beugt sich tief über seinen Teller und erzählt, er sei 16 Jahre lang Schoffeer gewesen. Während des Essens läuft das Radio unablässig weiter, und sobald jemand fertig ist, zieht er ihm den Teller unter den Händen weg und stellt ihn auf das Abwaschbrett. Er hat eine Glatze, zeigt Postkarten von seinem Schloss und hofft, dass seine Pension demnächst erhöht wird. Ich sage, dass ich im November wiederkomme. Das Wort für November heisst auf tschechisch Blätterfall. Man sagt also "im nächsten Blätterfall". Wenn man als Ausländer tschechisch lernt, schlägt einem eine Art freudiger Verständnislosigkeit entgegen. Alle sind erstaunt, sagen krasn&(253;, aber niemand begreift recht, was man damit will. Es ist Februar, die Stadt ist ungeheuer schmutzig. Schneebrigaden schaufeln für 10 Kronen in der Stunde die Hauptstrassen frei, indem sie den Schnee auf eine Baggerschaufel werfen, welche ihn dann auf einen Lastwagen hebt. Auf den Nebenstrassen liegt eine matschige schwarzbraune Schicht, aber wenn genug Autos durchfahren, sieht man nach einiger Zeit zwei Streifen Kopfsteinpflaster. Im Prager Polizeigebäude sind alle Türen gegen aussen mit Leder gepolstert und haben keine Falle, man kann also nicht anklopfen, wenn man etwas will. In einer Ecke der Bethlehemkapelle murmelt ein Fremdenführer seine Litanei, und im alten Ghettoareal ruft eine Frauenstimme von einer dunklen Fassade auf die Strasse hinunter: "Abraham!" Meine Freundin lacht und sagt, opodeldok könne man nicht übersetzen. |
Schweizer sein aus dem hochdeutschen Programm des Salzburger Stiers (1994) Halt! Wer da? Tourist? Aha. Sie gehen also wieder so ist es uns schon lieber denn bei Niederlassung verlieren wir die Fassung und gemeinsame Zölle das wär für uns die Hölle wir sind nun einmal reicher als die Österreicher! Dieselben Paragraphen wie Italien oder Falndern - dann wären wir ja plötzlich genau so wie die andern und könnten nicht mehr Schweizer sein ganz allein gut gefahren seit 700 Jahren als die freundlichen, fleissigen Opas Europas Halt! Woher? Ein Aus-län-der! Sie wollen also bleiben und Anträge schreiben? Und wenn sie hier mal sind dann kommen Frau und Kind in buntbedruckten Hemden um uns zu überfremden - warum gehn Sie nicht nach Schweden Dort nehmen sie doch jeden! Die lieben unsre Berge nicht und auch nicht unsre Seen die haben's doch allein auf unser Geld abgesehn! Doch wir, wir wollen Schweizer sein ganz allein gut gefahren seit 700 Jahren als die freundlichen, fleissigen Opas Europas Halt! Wohin? Was haben wir im Sinn? Wir wollen Gurken setzen nach eigenen Gesetzen denn unsre Suppenschüssel steht hier und nicht in Brüssel und unsre Teller spülen die Türken und Tamilen und klar braucht ein Spital auch etwas fremdes Personal aber ja nicht dieser freie Verkehr von Personen sonst kämen die ja alle nur um bei uns zu wohnen und wir könnten nicht mehr Schweizer sein fast allein wir trotzen der Gefahr nochmals 700 Jahr mit fest entschlossenem Schritt solange bis Europa der Schweiz beitritt! |
66 Fragen Herkunft unbekannt Wie gross sind Sie? Wie lange können Sie den Atem anhalten? Können Sie durch die Finger pfeifen? Wann haben Sie das letztemal einen Purzelbaum gemacht? Wenn Sie in einem Restaurant sind und einen Kaffee trinken, und es gibt verpackten Zucker dazu, und Sie trinken den Kaffee ohne Zucker - nehmen Sie dann den Zucker mit? Kennen Sie viele Apfelsorten? Können Sie etwas über Nagetiere sagen? Worum ging es im Ersten Weltkrieg? Kennen Sie den Namen Ihres Briefträgers? Glauben Sie an Impfungen? Wogegen? Gibt es ein Gedicht, das Sie auswendig können? Gibt es ein unanständiges Gedicht, das Sie auswendig können? Von wem stammt die Kuh ab? Was finden Sie schwerer, aufhören oder anfangen? Wie heißen Sie? Sind Sie mit Ihrem Namen zufrieden? Wenn nicht, wie möchten Sie lieber heissen? Können Sie ein Märchen erzählen? Haben Sie zu Hause einen Luftbefeuchter? Worauf hoffen Sie? Können Sie an einer Zoohandlung vorbeigehen, ohne hineinzuschauen? Können Sie an einer Handlung für Damenwäsche vorbeigehen, ohne hineinzuschauen? Sind Sie männlichen oder weiblichen Geschlechts? Was stellen Sie sich unter Bandenergie vor? Waren Sie schon einmal in psychiatrischer Behandlung? Wem gehören Sie? Glauben Sie, daß man Zeit gewinnen kann? Schreiben Sie von Ihren Ferien Ansichtskarten? Wem? Hassen Sie Leute, die Witze im Kopf behalten können? Denken Sie oft ja, wenn Sie nein sagen? Gibt es einen Metzger, den Sie persönlich kennen? Können Sie einen Blindgänger markieren? Dieses leichte Stechen in der Nierengegend, haben Sie das schon lange? Geben Sie alle Ihre Einkünfte der Steuer an? Wieso wehren Sie sich gegen das Wort Hinterziehung? Hassen Sie die Pest? Wie geht es Ihnen? Wissen Sie, was ein Moschusochse ist? Wenn Sie es nicht wissen, interessiert es Sie, zu wissen, was das ist? Können Sie den Unterschied zwischen einer Aktie und einer Obligation erklären? Benutzen Sie die Wörter "Dein, Ihr, Euer" am Schluß eines Briefes? Schreiben Sie Briefe? Glauben Sie daran, daß Sie einmal sterben müssen? Glauben Sie das wirklich? Kennen Sie jemanden, der gelb als Lieblingsfarbe hat? Wie gut kennen Sie ihn? Fürchten Sie sich vor Verkäuferinnen? Beginnen Sie Ihre Unterschrift oben oder unten? Gehen Sie gern zu Fuss? Wann sind Sie zum letztenmal rot geworden? Gibt es ein Wort, das Ihnen zuwider ist? Wenn Sie einen Pfirsich anfassen, kriegen Sie da eine Hühnerhaut? Werfen Sie Schnüre von Paketen, die Sie bekommen, weg? Wo wohnen Sie? Können Sie kochen? Töten Sie gern Insekten? Haben Sie ein Taschenmesser? Wo liegt Ihrer Meinung nach Abu Dhabi? Macht es Ihnen nichts aus, eine Salbe gegen Hämorrhoiden zu kaufen? Gibt es etwas, das Sie noch nachholen möchten? Wie alt sind Sie? Ist Ihnen der Gedanke an rohes Fleisch unangenehm? Haben Sie diese Fragen nur gelesen oder auch beantwortet? Wo denken Sie hin? |
Sit rueig! Aus der Fernsehsendung "Denkpause" Sit rueig! Sit rueig! Dir chönntet öpper schtöre! Sit rueig! Sit rueig! Süsch isch's denn gly passiert! Tüet doch bitte d Tür nid schletze S chönnt d Frau Eidebänz verletze! Müesst dir denn dur d Wonig schpringe und derzue no Liedli singe? Gumpet nid so lut im Hüsli! Dörft scho gumpe, aber lysli! Herrgott nomol, ghöreter nüt? Undedra het's au no Lüt! Sit rueig! Sit rueig! Dir chönntet öpper schtöre! Sit rueig! Sit rueig! Süsch isch's denn gly passiert! Schluss mit Johle, sit so guet Süsch het der Herr Joscht e Wuet! Höret uf dur d Chuchi hagle! Tüet das Brätt vorusse nagle! Rüefet nid so lut vom Hüsli! Dörft scho rüefe, aber lysli! Herrgott nomol, ghöreter nüt? Obedra het's au no Lüt! Sit rueig! Sit rueig! Dir chönntet öpper schtöre! Sit rueig! Sit rueig! Süsch isch's denn gly passiert! Schtellet die Kassette lyser Dänket chli a s Fröilein Wyser! S wird nid tschuttet uf der Schtäge! Wie mängisch mues ech das no säge? Schpüelet nid so lut im Hüsli! Dörft scho schpüele, aber lysli! Herrgott nomol, ghöreter nüt? Näbedra het's au no Lüt! Sit rueig! Sit rueig! Dir chönntet öpper schtöre! Sit rueig! Sit rueig! Süsch isch's denn gly passiert! Höret uf mit Randaliere! Me sett ech all i d Limmat rüere! S wird nid blüttlet uf de Schtrosse Süsch schlömmir euch zu Brei und Sosse! Schreiet nid nach Jugendhüsli! Dörft scho schreie, aber lysli! Herrgott nomol, ghöreter nüt? Rächts vo euch het's au no Lüt! Sit rueig! Sit rueig! Dir chönntet öpper schtöre! Sit rueig! Sit rueig! I glaub, es isch scho passiert! |
S Läbe aus dem Buch "Vierzig vorbei" (1988) Mängisch dunkts eim scho Dass s Läbe nüt anders sig Als es Gwitter Und mir Mir seckle derdur Und der eint breicht der Blitz Und der ander nit Und nienen e Hütte Wyt und breit |
Solaruhren aus der Tages-Anzeiger-Beilage "Das Magazin" Nr. 45 (08.11.1997) S. 8 [das Heft war dem Thema gewidmet "Was macht das Leben lebenswert?"] Deine Uhr neben meiner Uhr auf dem Fenstersims in der Vormittagssonne. Gemeinsam trinken sie Licht damit sie stets ihre Pflicht erfüllen können uns anzuzeigen wie wir langsam zusammen älter werden du und ich. |
Strandgut aus dem Programm "Nachtübung" (1973) Eines Morgens wird an der Küste irgendeines Meeres wahrscheinlich im Norden etwas stranden, das voll ist von Algen und dicht besät mit Muscheln wahrscheinlich ein Koffer und die Leute werden sich darum versammeln und beraten was damit zu tun sei. Schliesslich beginnt ein Fischer, die Schicht mit dem Messer abzuschaben nun sieht man zwei Schlösser alsbald geht der Dorfschmid daran, mit der Zange und dem Meissel den Koffer zu sprengen und die Leute recken jetzt ihre Hälse, um zu sehen was darin ist. Gleich richten alle sich wieder auf, und es steigt aus ihrer Mitte ein Laut der Enttäuschung nichts ist zu sehen im Innern des Koffers, ausser einem Schimmel von schwärzlicher Farbe und am Boden liegt ein flaches, rundes Stück von einem Stein der trägt eine Inschrift. Niemand jedoch versteht die Botschaft, und keiner kennt die Sprache in der sie verfasst ist. Da holt man den Dorfschullehrer herbei und fragt, ob er verstehe was darauf geschrieben Der Lehrer nimmt den Stein in seine Hand, und bald schon nickt er und beginnt zu lesen "Diesen Koffer werde ich, Servatius Omnignosticus, Prosektor, Arzt und Humanist zu Amsterdam, heute, den 2. Juli 1483, auf hoher See versenken. Darin gefangen und gebannt auf immer habe ich die allerschauerlichste Geissel dieser Welt den Virus einer Seuche gegen die die Pest nicht vielmehr als ein Schnupfen ist. Gott verhüte dass dieser Koffer je gehoben wird." |
Franz Hohler wurde am 1. März 1943 in Biel als Sohn eines Lehrerehepaars geboren. Er ist Bürger von Zuzgen AG und wuchs in Olten auf.
An der Kantonsschule in Aarau schrieb er 1961 sein erstes Stück,
"Das Land ohne un", das er auch gleich in seinem Schülerkabarett "trotzdem" zur Vorführung brachte.
1963 machte er die Matura und studierte anschliessend fünf Semester Germanistik und Romanistik an der
Universität Zürich. Noch während seines Studiums erarbeitete er sein erstes Einmannprogramm
"pizzicato", das er im Mai 1965 im Kellertheater der Universität uraufführte.
Schon mit diesem ersten Programm gastierte Hohler in grösseren Theatern und Kabaretts der Schweiz,
in Berlin und in der Münchner Lach- und Schiessgesellschaft. Daraufhin brach er sein Studium ab. Seither arbeitet Hohler als freiberuflicher Solokabarettist und wird im ganzen deutschen Sprachraum als Meister seines Fachs geschätzt. Die Spezialität des polyglotten Hohler, der über Sprachkenntnisse in Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Rätoromanisch, Lateinisch und Englisch verfügt, waren anfänglich skurrile, tragikkomische und groteske Geschichten zwischen Alltag und Phantastik - sein frühes Paradestück war "Es bärndütsches Gschichtli" aus dem zweiten Programm "Die Sparharfe" (1967). Sein typisches Erzähler-Begleitinstrument ist das Cello, das er zum Teil stark verfremdet einsetzt. Mit seinen Soloprogrammen ist er seither in der Schweiz, in Deutschland, Österreich, Liechtenstein, Italien, Spanien, Portugal, in der Tschechoslowakei, in Tunesien, Marokko, in den USA, in Frankreich, Kanada, Schweden, Dänemark, Jugoslawien, Holland, Brasilien, Chile, Argentinien und in Australien aufgetreten. Franz Hohler ist seit 1968 mit Ursula Nagel verheiratet und hat zwei Söhne, Lukas (geboren 1971) und Kaspar (geboren 1974). Seit 1970 begann Hohler überdies Erzählungen, Kinderbücher, Theaterstücke, Hör- und Fernsehspiele zu schreiben und stellte auch zwei weitere Programme vor, "Doppelgriffe" (1970) und "Die Nachtübung" (1973). Zwischen 1973 und 1994 gestaltete er ausserdem mit René Quellet 50 Kindersendungen "Franz und René" für das Schweizer Fernsehen DRS. Nach einer freiwilligen Pause meldete er sich 1979 mit einem "Schubert-Abend" eigener Prägung auf der Bühne zurück. Hohlers hintersinnige Texte hatten nach Meinung der Fachkritik an satirischer Schärfe gewonnen, und in zunehmendem Masse fand er seine ureigensten Them in der Kriegsgefahr und Umweltbedrohung, in der politischen Naivität und Gleichgültigkeit. Seine Kritik an den Denkstrukturen wurde zur Kritik am Sprachgebrauch: Hohler seziert auf der Bühne Phrasen, Klischees, Ver-Ordnungen und gezielte Desinformation - seit 1980 auch bei regelmässigen gemeinsamen Auftritte mit dem deutschen Starkabarettisten Hanns Dieter Hüsch. Zwischen 1980 und 1983 gestaltete Franz Hohler zehnmal im Jahr die satirische Viertelstundensendung "Denkpause" im schweizerischen Fernsehen. Aufgrund einer kritischen "Denkpause"-Folge über Kernkraftwerke am 13. November 1981 weigerte sich die Regierung des Kantons Zürich unter dem Druck der Energielobby, Hohler den ihm von einer Jury einstimmig zugesprochenen Literaturpreis 1982 für sein Buch "Die Rückeroberung" zu überreichen (woraufhin die Züricher Literaturkommission geschlossen zurücktrat). Am 7. Oktober 1983 setzte das schweizerische Fernsehen kurzfristig eine "Denkpause"-Folge zum Thema Kriegsdienstverweigerung ab, in der Hohler das Chanson "Le déserteur" von Boris Vian auf Schweizerdeutsch als "Herr Oberschtdivisionär" vorgetragen hatte - die Sendung wurde durch eine frühere, harmlosere Folge ersetzt. Daraufhin beschloss Hohler, die "Denkpause" nicht mehr zu machen. Im Auftrag des Süddeutschen Rundfunks und als deutsch-schweizerische Kino-Co-Produktion entstand 1986 aus der Zusammenarbeit von Hohler und Regisseur Tobias Wyss der Spielfilm "Dünki Schott". Sein 1987 erschienenes "Kabarettbuch", eine Sammlung bisheriger Kabarettnummern, bestätigte eindrucksvoll seinen Ruf, der "vielleicht künstlerisch vielfältigste und literarisch interessanteste Kabarettist" (NZZ, 22.05.1987) zu sein. Im Herbst 1989 veröffentlichte Franz Hohler mit "Der neue Berg" seinen ersten Roman und versuchte nach Meinung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (28.10.1989) mit diesem Buch eine "Allegorie der Ängste in der modernen Zivilisation" zu schaffen. Im selben Jahr begann er in der satirischen Sendung "übrigens..." auch erneut für das schweizerische Fernsehen zu arbeiten, bis dieses die Sendung 1994 ersatzlos aus dem Programm strich. 1992 zog sich Hohler wiederum etwas aus der Öffentlichkeit zurück, um sich intensiv dem Schreiben zu widmen und sich nach all den Jahren den Bart abzurasieren. 1994 kehrte er mit dem neuen Soloprogramm "Drachenjagd" auf die Bühne zurück. MitgliedschaftenGruppe Olten, PEN-ClubAuszeichnungen1968 Förderungspreis des Kantons Solothurn1968 Preis der Conrad-Ferdinand-Meyer-Stiftung 1972 Georg-Mackensen-Literaturpreis 1973 Deutscher Kleinkunstpreis 1976 Hans-Sachs-Preis der Stadt Nürnberg 1978 Oldenburger Kinderbuchpreis 1981 Deutscher Schallplattenpreis für Kabarett 1982 Ehrenpreis "Der grüne Zweig" des World Wildlife Fund (Sektion Schweiz) für das Buch "Die Rückeroberung" 1983 Kunstpreis des Kantons Solothurn 1987 Alemannischer Literaturpreis 1988 Hans-Christian-Andersen-Diplom 1990 Cornichon-Preis der Schweizerischen Cabaret-Gesellschaft 1991 Preis der Schweizerischen Schillerstiftung 1994 Schweizer Kinder- und Jugendbuchpreis AdresseFranz HohlerGubelstrasse 49 8050 Zürich SekundärliteraturFranz Hohler, Texte, Daten, Bilder / hrsg. von Michael Bauer und Klaus Siblewski. - Orig.-Ausg. - Hamburg : Luchterhand-Literaturverl., 1993. - 183 S. : Ill. - (Sammlung Luchterhand; 1038) - ISBN 3-630-71038-7 |
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