Top Online vom 29. März, 2021
toponline
Idee für Rheinfall-Kraftwerk kommt im Zürcher Parlament schlecht
an Konkrete Pläne gibt es zwar noch nicht. Doch nur schon die Idee,
den Rheinfall verstärkt als Kraftwerk zu nutzen und ihm nachts den
Hahn abzudrehen, löst im Zürcher Kantonsrat Kopfschütteln
aus. Und ohne die Zustimmung aus Zürich ist ein solches Projekt
nicht möglich.
Die Schaffhauserinnen und Schaffhauser hatten vor sieben Jahren eigentlich
eine klare Haltung zum Thema Wasserkraftwerke am Rhein: Sie lehnten das
Wasserwirtschaftsgesetz deutlich ab. Damit wurde eine verstärkte
Nutzung des Rheins für die Stromgewinnung verboten.
Nun will das Schaffhauser Kantonsparlament aber erneut am
Wasserwirtschaftsgesetz schrauben - ohne das Volk miteinzubeziehen:
In einigen Wochen wird das Parlament entscheiden, ob beim Gesetz eine
Ausnahme für den Rheinfall eingefügt werden soll.
Der gesamte restliche Rhein auf Schaffhauser Gebiet würde also
weiterhin nicht verstärkt genutzt, beim Rheinfall wären aber
Kraftwerksprojekte möglich.
Vorerst geht es dabei nur um das bereits bestehende
Rheinfall-Wasserkraftwerk auf Neuhauser Boden. Dort könnte die
Leistung um 10 Prozent erhöht werden, ohne dass wohl spürbar
weniger Wasser den Rheinfall hinunterdonnern würde.
Bereits stehen jedoch weitergehende Ideen im Raum. Konkret sind die
Pläne zwar noch nicht, doch liebäugeln einige Schaffhauser
Politiker mit einer deutlichen Kapazitätserhöhung.
Dafür soll dem Rheinfall in der Nacht, wenn er nicht mehr beleuchtet
ist und von Touristen ohnehin nicht bestaunt wird, quasi zur Hälfte
der Hahn abgedreht werden. Das Wasser würde ins Kraftwerk umgeleitet.
Die Hälfte gehört Zürich
Zürcher Kantonsräte wollten vom Grünen Baudirektor
Martin Neukom deshalb in einer Interpellation wissen, was er von den
Kraftwerksplänen aus Schaffhausen hält.
In der Ratsdebatte vom Montag äusserte sich Neukom diplomatisch. Es
gebe ja keine konkreten Projekte. Zudem sei die geplante Änderung
des Wassergesetzes eigentlich "nur eine Angleichung an unser Gesetz". "Bei
uns ist ein Kraftwerk nämlich nicht verboten."
Je nach Projekt werde Zürich aber die Konzession verweigern,
sagte der Grüne Regierungsrat weiter. "Egal auf welcher Seite das
Kraftwerk steht: Zürich kann mitentscheiden."
Der Rheinfall wird touristisch zwar grösstenteils von Schaffhausen
vermarktet. Die Hälfte dieses Weltwunders gehört jedoch dem
Kanton Zürich. Entsprechend geht auch ohne Einverständnis aus
Zürich nichts.
Mehrere Zürcher Parlamentarier äusserten sich danach weniger
diplomatisch als der Grüne Regierungsrat. Bei solchen Ideen
fühle er sich geradezu in die 1960er-Jahre zurückversetzt,
sagte Martin Farner (FDP, Stammheim). Es müsse ja wohl nicht das
letzte Naturschauspiel der Wasserkraft geopfert werden. Er hofft, dass
sich die Zürcher Regierung "entsprechend in Schaffhausen einbringt".
SP-Kantonsrat Markus Späth (Feuerthalen) hatte nur noch
Kopfschütteln übrig. "Nicht mal die Nagra auf der Suche nach
einem Endlager kommt auch solche Ideen."
Die Idee eines Kraftwerks mit Wasserfassung auf Zürcher Seite und
Druckstollen unter dem Zürcher Schloss Laufen sei "nicht gerade
ein freundschaftlicher Akt des kleinen Bruders Schaffhausen". Und dann
noch die Bauzeit während laufenden Tourismus-Betriebs. "Da fehlt
mir echt die Fantasie, mir das vorzustellen", sagte Späth weiter.
Für die Grünen wiederum ist klar, dass Biodiversität
"oberste Priorität" habe. Ins Kopfschütteln wollte sie aber
nicht einstimmen. Schliesslich sei das Geschäft in Schaffhausen ja
noch nicht durch.