Tagesanzeiger of September 28, 2015: rheinfall with skyline
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Tagesanzeiger of September 28, 2015
Rheinfall mit Skyline
Hinter dem Rheinfall auf Schaffhauser Seite sollen zwei Hochhäuser
gebaut werden. Das kommt bei einigen gar nicht gut an - sie wehren sich
gegen die Pläne mit allen rechtlichen Mitteln. Freie Sicht auf
den Rheinfall: So könnte Neuhausen mit der Überbauung auf dem
Alusuisse-Areal dereinst aussehen.
(...)
Aber so will es das Neuhauser Stimmvolk, das 2013 mit einer
Zonenplanänderung den Boden für das Projekt RhyTech
bereitete. Das Immobilienunternehmen Halter will auf dem ehemaligen
Gelände der Alusuisse Räume für Läden, Restaurants,
Büros und für zwei Türme mit 230 Wohnungen schaffen. Dank
dem Ja des Stimmvolks dürfen sie höher werden als die
bisher üblichen 20 Meter, sie dürfen gar den Galgenbuck
überragen. Auf dem höchsten Punkt Neuhausens wurden noch
im 19. Jahrhundert Diebe und Mörder mit bester Aussicht auf den
Rhein erhängt. Bislang war es aber ungeschriebenes Gesetz, dass
kein Gebäude höher als der Galgenbuck sein darf.
Das Areal habe das Potenzial, ein Schlüsselgebiet für Neuhausen
zu werden, hatte Gemeindepräsident Stephan Rawyler (FDP) wenige
Tage vor der Abstimmung in den "Schaffhauser Nachrichten" geworben. Die
Gemeinde bekomme die einmalige Chance, "Wohnraum im mittleren bis
höheren (nicht aber luxuriösen) Bereich zu schaffen." Die
neuen Mieter würden Steuern von 1 Million Franken abliefern. Geld,
auf das die Gemeinde angewiesen sei. Der Gemeindepräsident gewann
die Abstimmung: 1480 Stimmende hiessen die Vorlage gut - 16 mehr als
diejenigen, welche Nein sagten.
(...)
Die Stimmung zwischen Befürwortern und Gegnern des RhyTech-Projekts
ist gereizt. Die einen werden als Nörgler und Verhinderer bezeichnet,
den anderen wird Nötigung und Bestechung vorgeworfen, wiederholt
wurde mit Ehr-verletzungs-klagen gedroht. "Wir wollen nicht das Projekt
verhindern, sondern nur die Türme", betont indessen Fischer.
Das Areal ist gross. Weshalb also muss man die Türme stellen statt
legen? Wegen der Rendite? Die Bewohner der oberen Stockwerke haben
freie Sicht auf den Rheinfall, den mächtigsten Wasserfall Europas,
und bezahlen dafür; ihre Mieten werden deutlich höher sein als
jene in den unteren Etagen. "Ob man die Häuser hoch oder flach baut,
macht bei diesem Investitionsvolumen keinen grossen Unterschied", sagt
jedoch Projektleiter Patrick Senn von Halter. Das Unternehmen verbaut 150
bis 200 Millionen Franken auf dem Areal. Man baue in die Höhe, weil
man dadurch Platz schaffen könne für Pärke, Plätze und
Gassen für die Öffentlichkeit. Die Eidgenössische Natur-
und Heimat-schutz-kommission taxiert die Türme nur als "leichte
Beeinträchtigung" des Schutzobjekts Rheinfall. Sie begründet
es sinngemäss damit, dass der Hügelzug da-hinter ohnehin schon
verunstaltet ist.
Der fünfköpfige Gemeinderat Neuhausens steht geschlossen hinter
dem Projekt: Die Bevölkerung ist eine der ältesten der Schweiz,
die Zahl der Sozialhilfebezüger ist überdurchschnittlich. Das
will Neuhausen mithilfe von Zu-zügern ausgleichen und hofft,
dass die hohen Mieten in der Region Zürich die Leute in
den Kanton Schaffhausen treibt. "Das Schlimmste wäre, wenn
wir nichts täten", sagt Dino Tamagni, Stellvertreter des
Gemeindepräsidenten. Und vielleicht, so sagt er hoffnungsvoll,
werden die Hochhäuser selber einmal zur Attraktion.
Halter plant den Baubeginn auf Ende 2016 ein, drei Jahre später
könnte die Überbauung stehen. Aber dieser Termin könnte
sich verzögern, denn Fischer und seine Mitstreiter haben nun beim
Regierungsrat einen Rekurs gegen den Quartierplan eingereicht. Auf
die Höhe der Türme können sie wohl keinen Einfluss mehr
nehmen. Sie können aber länger ohne Schlagschatten leben. Und
die Touristen können noch ein paar Fotos mehr ohne Hochhäuser
machen.